Bis Ende Oktober habe die Bus Ostschweiz AG Zeit, das Angebot anzunehmen, sagte Beat Tinner vor einem Monat. Andernfalls, drohte der St. Galler Volkswirtschaftsdirektor, werde man den Verkehrsbetrieb betreiben.
Entscheidung oder Betreibung? Mediation oder Eskalation? All das nach einem langen Streit, der 2012 seinen Ursprung hat, als das Unternehmen begann, vollständig abgeschriebene Busse an eine Tochterfirma zu verkaufen. Diese vermietete die Busse dann teuer zurück. Dadurch strich die Bus Ostschweiz AG bis 2019 hohe Subventionsbeträge ein. Zu hohe, wie der Kanton fand. Er forderte das Geld zurück, das dank dieser umstrittenen Buchungspraxis eingenommen wurde; je nach Standpunkt und Interpretation der Zahlen zwischen fünfeinhalb und neuneinhalb Millionen Franken. Also entzog er im Juni als Hauptaktionär dem Verwaltungsrat das Vertrauen. Also drohte er jüngst mit Betreibung.
Es geht nur noch um «Zahlungsmodalitäten»
Am vergangenen Montag, kurz bevor die Frist ablief, antwortete die Bus Ostschweiz AG schliesslich auf das finale Angebot des Kantons. Ralph Dietsche, zuständig für die Kommunikation des Verkehrsbetriebes, sagt:
Die Bus Ostschweiz AG hat das Vergleichsangebot angenommen.
Es gebe zwar noch Details zu klären, die Rede ist von «Zahlungsmodalitäten», doch Dietsche sagt: «Ich gehe davon aus, dass eine Einigung kurz bevor steht.» Entscheidung statt Betreibung. Tinner bestätigt, dass Bus Ostschweiz «die Verhandlungslösung in betraglicher Sicht angenommen » habe. Man ist sich über die Summe, die das Unternehmen zurückbezahlen muss, also einig. Sie entspricht, wie Tinner schreibt, aber «nicht der Gesamtforderung». Diese beläuft sich auf «gut 9,4 Millionen Franken», wie aus einer schriftlichen Antwort der Regierung vom vergangenen April hervorgeht. Gleichwohl dürfte die Schuld eher bei neuneinhalb als bei fünfeinhalb Millionen Franken liegen. Denn Tinner sagte noch Ende Juni, der Spielraum für Kompromisse sei «sehr begrenzt», «aufgrund der klaren Ausgangslage». Konkrete Zahlen gibt es auch von Dietsche nicht. Er sagt: «Erst wenn die Vereinbarung unterzeichnet ist, ist der richtige Zeitpunkt, etwas darüber zu sagen.»
Wohl kein persönliches Treffen mehr
Die Frage, wie diese Millionensumme zurückbezahlt wird, ist nun Gegenstand der nächsten und vielleicht letzten Verhandlungsrunde. Bekannt ist, dass das finale Angebot des Kantons eine Ratenzahlung vorsah.
Wann das nächste Treffen stattfindet, wurde noch nicht definiert. Und vielleicht ist es auch gar nicht nötig, einen Termin zu suchen. Geht es nämlich nach Tinner, können die Zahlungsmodalitäten voraussichtlich auch «auf dem Korrespondenzweg gelöst werden». Heisst: per Brief- oder Mailverkehr, und nicht im persönlichen Gespräch. Das spricht für eine baldige Einigung. Und auch dafür, dass die beiden Parteien möglichst nichts mehr miteinander zu tun haben wollen.
Der Kanton als Hauptaktionär will sein gut 40 Prozent grosses Aktienpaket längst abstossen. Der Wirtschaftsprüfer PWC bewertet deshalb gerade den Wert der Anteile, damit die Bus Ostschweiz AG auf die Suche nach potenziellen Abnehmerinnen und Abnehmern für das kantonale Aktienpaket gehen kann. So wurde es vereinbart. Der PWC Bericht ist noch nicht fertig.
«Wir gehen aber davon aus, dass die Ergebnisse zeitnah vorliegen
werden», sagt Dietsche.
Es ist kein Schuldeingeständnis
Als Eingeständnis für widerrechtliches Handeln will die Bus Ostschweiz AG die sich abzeichnende Lösung jedenfalls nicht verstanden wissen. Dietsche sagt: «Ein Vergleich ist kein Schuldeingeständnis.» Die «angestrebte Vereinbarung» stehe vielmehr «im Zeichen der Stärkung des öffentlichen Verkehrs in der Ostschweiz».
Inwiefern das vom Verkehrsbetrieb praktizierte «Sale and Lease Back» tatsächlich widerrechtlich war, prüft noch immer das Bundesamt für Verkehr (BAV), das im Juni eine Voruntersuchung einleitete. Ergebnisse gibt es noch keine, heisst es auf Anfrage. Das BAV beschäftigt sich aber nicht nur mit der Vergangenheit der Bus Ostschweiz AG, sondern auch mit deren Gegenwart. Es sass bei den Vergleichsgesprächen ebenfalls am Verhandlungstisch.