SVP-Kantonsrätin Carmen Bruss hatte Anfang November der Regierung einen Vorstoss mit Fragen zu den Covid-Zertifikatsregelungen eingereicht. Sie kritisierte in der einfachen Anfrage, dass Geimpfte sich mit ihrem Zertifikat in einer scheinbaren Sicherheit relativ frei bewegen können, während Gesunde zwar gesund, aber ohne Zertifikat vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen seien. Sie stösst sich auch daran, dass die Kosten für Antikörpertests selbst bezahlt werden müssen, während Millionen Franken in die Impfkampagne fliessen, und dass kein Zertifikat bekommt, wer bei Pooltests seines Arbeitgebers mit negativem Resultat getestet wird. Ausserdem wollte sie von der Regierung schriftlich haben, dass das Covid-Geimpftenzertifikat selbst bei einem Impfdurchbruch gültig bleibt. Bruss empfindet diese Regelungen als überheblich gegenüber jenen, die sich nicht impfen lassen möchten, weil sie Nebenwirkungen fürchten.Regierung: «Das Zertifikat kategorisiert nicht»Die Regierung hält in ihrer Antwort fest, dass die Zertifikate nicht dazu da seien, die Bevölkerung zu kategorisieren, sondern im Gegenteil das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben trotz hoher Fallzahlen aufrecht zu erhalten. Sie bestätigt, dass das Geimpftenzertifikat auch nach einem Impfdurchbruch gültig bleibt. Hat man es überstanden, könne man zusätzlich ein Genesenenzertifikat beantragen, vorausgesetzt die Erkrankung ist mit einem PCR-Test verifiziert worden. Seit Mitte November bekomme man ein Zertifikat auch mit einem positiven Antikörpertest (der belegt, dass man zu einem früheren Zeitpunkt eine Infektion durchgemacht hat). Bezahlen müsse man diesen Test aber selbst, genauso wie in der Regel auch die Kosten für individuelle Coronatests selbst zu bezahlen seien. Sie sei grundsätzlich nicht bereit, Antikörpertests zu finanzieren, schreibt die Regierung.Dass keine Zertifikate für Pooltests in Betrieben ausgestellt würden, habe hauptsächlich «verwaltungsökonomische» Gründe: Bei über 38 000 Unternehmen mit insgesamt 293 200 Beschäftigten im Kanton beteiligten sich lediglich 240 Betriebe, Institutionen, Spitäler oder Heime mit gut tausend Mitarbeitenden an den Betriebstestungen. Bei der geringen Beteiligung sei es wenig sinnvoll, Zertifikate auszustellen, schreibt die Regierung. Ausserdem wäre das Zertifikat nur drei Tage gültig – ab Speichelabgabe. Bis das Testergebnis vorliegt, bliebe effektiv nur ein Tag, an dem es gültig wäre. Komme dazu, dass keine Garantie bestehe, dass die Speichelprobe tatsächlich von der Person stamme, deren Name auf dem Röhrchen stehe, weil die meisten das Proberöhrchen zu Hause befüllten.Carmen Bruss fragte die Regierung ausserdem nach Zahlen zu Leuten, die mit schwerwiegenden Beschwerden wie Herzinfarkt, Thrombosen oder Hirnblutungen als Folge der Corona-Impfung hospitalisiert werden mussten.Diese Zahlen blieb die Regierung ihr schuldig: Solche Diagnosen müsse man über einen längeren Zeitraum und im Vergleich mit anderen Kantonen bzw. über die ganze Schweiz anschauen. Nur so könne beurteilt werden, ob ein gehäuftes Auftreten Zufall sei oder nicht. «Für seriöse Entscheide, braucht man alle Zahlen»Carmen Bruss ärgert sich über diese Antwort. Sie wertet sie als Zurückhalten von für die Bevölkerung relevanten Informationen. Die Regierung könnte für den eigenen Kanton diese Zahlen ohne viel Aufwand erheben und kommunizieren, meint sie. «Jedermann muss frei entscheiden können, ob er sich impfen lassen möchte oder nicht.» Für einen seriösen Entscheid müsse man aber umfassend informiert sein.Die Regierung streitet Impfnebenwirkungen nicht ab. Solche kämen vor, aber nur in wenigen Fällen. Sie verweist auf Zahlen von Swissmedic: Beim Schweizerischen Heilmittelinstitut seien bis 3. November 9834 Meldungen eingegangen – bei über elf Millionen verabreichten Impfdosen und 5,7 Millionen Personen mit mindestens einer Impfdosis: «Das Impfrisiko ist sehr klein», folgert die Regierung.Sie hält weiter fest, dass (zum Zeitpunkt ihrer Antwort vom 7. Dezember) 75 bis 80 Prozent der Covid-Patienten in den Spitälern nicht geimpft seien. Bei den hospitalisierten Geimpften handle es sich häufig um Patienten mit unterdrücktem Immunsystem wie zum Beispiel Krebserkrankte mit Chemobehandlung. Das Contact-Tracing zeige, dass geimpfte Personen, die sich anstecken, meist nur leicht erkranken: «Die Impfung schützt nachweislich vor einem schweren Krankheitsverlauf und vor Todesfällen», hält die Regierung fest.«Besser kontrollierte Selbsttests für alle»Carmen Bruss sieht es anders. Die Impfung halte nicht, was versprochen worden sei. Den Wert der Zertifikate streitet sie kategorisch ab. Kontrollierte Selbsttests vor Ort für alle – also nicht nur für Ungeimpfte, sondern auch für Geimpfte und Genesene – würden ihrer Ansicht nach die heutige mit Emotionen aufgeladene Lage entschärfen. Die Kosten dürften sich im Rahmen halten, denkt sie.Selbst hat Carmen Bruss Corona bereits durchgemacht. Sie bezeichnet sich daher als Genesene. Auf das Zertifikat verzichte sie aber, schreibt sie, «ich solidarisiere mich so gut, wie es mir möglich ist, mit den genötigten Mitbürgern».