Reto Wälter
Das Hochwasserschutzprojekt Rheintaler Binnenkanal umfasst eine Vielzahl an Massnahmen. Nicht nur 700000 m3 Wasser können im Falle eines Jahrhunderthochwassers zurückgehalten werden, sondern auch die Ökologie und der Naherholungsraum für Menschen werden aufgewertet. Das Drosselbauwerk, das künftig den Abfluss im Falle eines Hochwassers bei den «Drei Brücken» kontrollieren soll, ist das Herzstück des 44-Millionen-Franken-Projekts. Wenig freuen wird das Bauwerk jene, die sich gerne gemütlich in einem Gummiboot den Binnenkanal hinuntertreiben lassen. Künftig wird man dort das Boot aus dem Wasser nehmen, es um das Drosselbauwerk herumtragen und wieder einsetzen müssen, sofern die Fahrt nicht schon dort zu Ende sein soll. Eine der schönsten Bootstouren der SchweizWer unterhalb des Elektrizitätswerks bei Montlingen einsteigt, kommt bislang hindernisfrei bis zum Bodensee. Weil es auf dem letzten Abschnitt, auf dem Alten Rhein, wegen der fehlenden Strömung nur noch träge vorwärts geht, steigen viele in Rheineck aus und nehmen dort den Zug zurück. Andere ziehen ihr Boot noch auf dem Binnenkanal bei der Eisenbogenbrücke in der Nähe des Bahnhofs Au aus dem Wasser – dort befindet sich eine offizielle, befestigte Ausstiegsstelle. Die 12,2 Kilometer lange Bootstrecke von Montlingen nach Au ist auch im Gummibootführer Schweiz aufgeführt. Auf dem Travelnews.ch-Portal unter «Ferienland Schweiz» ist sie sogar als eine der schöns-ten Gummiboot-Touren der Schweiz gelistet. «Dass der Rheintaler Binnenkanal für Gummiboot-Fahrende beliebt ist, wissen wir», sagt Sascha Weder, Geschäftsführer des Zweckverbands Rheintaler Binnenkanalunternehmen (RBK). Noch unklar ist: Einstieg vor oder nach der Rietstrasse Mit einer bescheidenen Wassertiefe sei der Binnenkanal ungefährlich und für alle befahrbar. «Während der Coronazeit war die Einstiegsstelle unterhalb des Kraftwerks bei Montlingen stark frequentiert. Weil dort alles mit Autos zuparkiert wurde, schufen wir sogar temporäre Parkplätze auf Boden, den uns ein Landwirt zur Verfügung stellte», sagt Weder. Auch im Zuge des Hochwasserprojekts würden zahlreiche Zugänge zum Binnenkanal geschaffen, die auch den Gummiboot-Fahrenden zugute kämen. «Ausserdem wird die Ausstiegsstelle in Au verbreitert und verbessert», erklärt der RBK- Geschäftsführer und weiter: «Auch beim Drosselbauwerk wird eine Ausstiegsstelle gebaut. Die Idee ist, den Einstieg gleich nach dem Werk, aber noch vor der Rietstrassen-Brücke zu realisieren.» Ganz klar, ob sich dies so machen lässt, ist es noch nicht. Es steht nur wenig Platz zur Verfügung, und aufgrund gewisser Verbauten ist es fraglich, ob dieser noch für einen Bootseinstieg reicht. Falls nicht, müssten die Boote knapp 70 Meter, über die Rietstrasse hinweg, getragen und bei einem Einstieg nach der Brücke eingewassert werden. Wegen des vielen Verkehrs auf der Rietstrasse fände Sonja Fritsche vom Montlinger Steigmatthof dies keine gute Idee. Sie und ihr Mann betreiben einen Gummibootverleih und bieten Bootstouren an, die, wie sie sagt, ein wichtiges Standbein ihres Landwirtschaftsbetriebs seien. Fritsches sind sozusagen die Gummibootprofis des Rheintaler Binnenkanals, vermieten sie doch ihre Boote seit 21 Jahren. An der Einstiegsstelle beim Steigmatthof werden sie ins Wasser gelassen und bei der Ausstiegsstelle bei Au herausgezogen und verladen. «Ein grosses Boot wiegt über 100 Kilo – eine Familie könnte es nicht alleine um das Drosselbauwerk herum tragen», sagt Sonja Fritsche. Das wisse sie vom Rücktransport her: Ohne Mithilfe des Fahrers oder der Fahrerin könne das Boot nicht verladen werden. Ein Bedürfnis der Rheintaler Bevölkerung«Ich sage das nicht nur wegen unseren Booten», betont Fritsche, «viele Familien sind auf dem Binnenkanal unterwegs und haben viel Material dabei, weil sie den ganzen Tag auf dem und am Binnenkanal unterwegs sind. Für sie wäre es nicht einfach, die Stelle bei den ‹Drei Brücken› zu umgehen.» Sonja Fritsche will nun einen der beiden für nächste Woche angekündigten Informationsanlässe (siehe Hinweis unten) besuchen und sich detailliert darüber informieren, was geplant ist. «Vielleicht wäre der Bau einer fix installierten Hilfsvorrichtung zum Ein- und Auswassern eine Lösung, sodass es auch einer Familie möglich ist, ein Boot um das Hindernis zu transportieren», schlägt die Bootsverleiherin vor. Sie will nun das Gespräch mit den Verantwortlichen suchen. Zwar dauere es noch eine Weile, bis auf Höhe Balgach gebaut werde. «Aber da sehr viele Leute das Bootsvergnügen auf dem Binnenkanal schätzen, sehe ich es als Rheintaler Kulturgut an, das entsprechend behandelt werden muss», findet Sonja Fritsche. HinweisDie Informationsveranstaltungen zum Hochwasserschutzprojekt finden am Dienstag, 16. August, in der OMR-Aula in Heerbrugg und am Mittwoch, 17. August, im Feuerwehrdepot in Oberriet statt. Beginn ist an beiden Orten um 18.30 Uhr. Es wird dort auch erklärt, wie man sich beim Mitwirkungsverfahren einbringen kann, das am 18. August beginnt.