17.08.2020

Bohrungen machen Bauchweh

Die Werkzeuge der Heule AG entgraten weltweit Bauteile aus Metall. Dafür ist das Unternehmen für den Prix SVC Ostschweiz nominiert.

Von Kaspar Enz
aktualisiert am 03.11.2022
Die Mitarbeiter und Maschinen in den Produktionshallen der Heule Werkzeug AG leisten Präzisionsarbeit: Manche der Rohlinge, welche die Roboter hier zu Messern schleifen, sind kaum einen Millimeter gross. Andere Maschinen fertigen aus Stahlstangen die Werkzeuge, auf denen die Messer montiert werden. Gerade hat das Balgacher Unternehmen Besuch. Ein Vertriebspartner führt einem Kunden die Funktionsweise der Werkzeuge vor. In Zeiten von Corona sind solche Besuche zwar selten. Der Vertrieb versucht, die Kunden möglichst online zu beraten. «Aber unsere Werkzeuge sind beratungsintensiv», sagt CEO Ulf Heule. Kein Wunder. «Und wenn sie ihr Problem einfach lösen könnten, kämen die Kunden nicht zu uns.»Bohrt man durch Metall, bleiben auf beiden Seiten des Lochs Späne zurück. Und die sind ein Problem, gerade, wenn die durchbohrten Teile in Serie für Maschinen oder Autos produziert werden sollen. Denn um die Späne auf beiden Seiten zu entfernen, müsste man die Bauteile umdrehen. Das ist zwar nur ein kleiner Arbeitsschritt. «Aber ein Unternehmen, das grosse Serien mit vielen Bohrungen fährt, spart viel, wenn der Schritt des Umdrehens wegfällt», sagt Ulf Heule. Und manche Bohrungen lassen sich maschinell gar nicht beidseitig entgraten, weil herkömmliche Werkzeuge gar nicht hinkommen. Ein bewegliches Messer als Lösung Das fiel schon Ulfs Vater Heinrich Heule auf. Er hatte 1961 als Lohnfertiger angefangen und stiess bald auf dieses Problem. «Ich brauche eine einfachere Lösung», sagte er sich. Er löste das Problem mit einem beweglichen Messer. So entwickelte er das erste Heule-Entgratwerkzeug. Bald ergab sich der Kontakt zu Daimler-Benz. Der deutsche Autobauer suchte eine Lösung für die Bearbeitung von Getriebeteilen in der Serie. Heules Idee war genau, was Daimler-Benz suchte. Mit dem grossen Namen als Referenz standen Heules Entgratwerkzeuge bald in immer mehr Produktionshallen im Einsatz. In den 1970er-Jahren setzte die Firma schliesslich voll auf den Werkzeugbau und stellte die Lohnarbeit ein, erinnert sich Ulf Heule. «Allerdings sehen wir uns weniger als Werkzeughersteller denn als ein Problemlöser.» Ein Selbstverständnis, das bis heute gilt. «Wir verkaufen dem Kunden nicht einfach ein Werkzeug, sondern suchen gemeinsam mit ihm das für ihn passende Werkzeugkonzept. Können wir das Problem eines Kunden nicht mit einem Standardwerkzeug lösen, entwickeln wir eine Spezialanfertigung.» Heule leidet mit Kunden Die Werkzeuge gehen zusammen mit den Messern in alle Welt. Heute hat Heule Tochtergesellschaften und Vertriebspartner auf allen Kontinenten. Die wichtigsten Abnehmer sind Unternehmen aus der Automobil- und Flugzeugindustrie. Deshalb traf die Coronakrise das Balgacher KMU hart. Mehrere Kunden hatten ihre Produktion über Wochen geschlossen, manche verschoben oder stornierten Aufträge. Das Unternehmen meldete Kurzarbeit an. «Aktuell hoffen wir, dass wir möglichst rasch zur Normalität zurück können», sagt Ulf Heule. Die Zukunft der Branche sei aber ungewiss. In Balgach kann man der Krise aber auch positive Seiten abgewinnen. «Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass unsere Strategie zur Erschliessung neuer Branchen richtig und wichtig ist», sagt Heule. Der Digitalisierungsschub, den die Pandemie brachte, sei auch eine Chance für den Vertrieb. «Als international tätiges Unternehmen ist es ein Vorteil, wenn man Meetings und Schulungen online abwickeln kann.»Die dritte Generation ist in den Startlöchern Mit Ulf Heules Sohn Rik Heule ist die dritte Generation bereits ins Unternehmen eingetreten. Das soll aber kein Zwang sein, eines Tages die Nachfolge anzutreten. «Als ich frisch vom Tech ins Unternehmen kam, war das auch noch nicht klar», sagt Ulf Heule. Aber sollte es eines Tages so weit sein, wird es das Unternehmen noch geben, ist er überzeugt: «Wo gebohrt wird, muss auch entgratet werden.»Prix SVC Ostschweiz  Der Unternehmerpreis Prix SVC Ostschweiz wird dieses Jahr zum neunten Mal vergeben. Nominiert sind: Davaz Holding aus Fläsch, Evatec aus Trübbach, Glatz aus Frauenfeld, Heule Werkzeug aus Balgach, Integra Biosciences aus Zizers und Zünd Systemtechnik aus Altstätten. Die Preisverleihung findet mit Coronaschutzkonzept am Mittwoch, 19. August, um 18 Uhr in den Olma Hallen St. Gallen statt. (red)

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