Seit 30 Jahren ist Cora Barth Staudengärtnerin, vor zehn Jahren hat sie sich auf einheimische Pflanzen fokussiert und nun gilt ihr Interesse besonders den Wildblumen. Die Geschäftsführerin und Produktionsleiterin der Wildblumen GmbH sagt:
Sie sind ökologisch wertvoll und eine unentbehrliche Nahrungsgrundlage einheimischer Wildtiere.
Lange arbeitete sie in einer Staudengärtnerei, die benachteiligte Jugendliche ausbildet. Dabei hatte sie oft Kontakt mit Naturgärtner Patrick Reck, der bei der Gärtnerei Pflanzen bezog. Er wollte Ökotypen aus der Region pflanzen, das heisst, Pflanzen, deren Samen bereits aus dem Rheintal stammen. «Solche Pflanzen sind anpassungsfähiger», sagt Reck. Und Cora Barth fügt hinzu:
Dadurch wird auch die genetische Vielfalt erhalten. Denn ein Löwenzahn im Rheintal ist genetisch nicht gleich wie ein Löwenzahn im Tessin.
Bei einem Telefongespräch mit Patrick Reck sagte Barth: «Dann müssen wir selbst etwas machen.» Das war im Oktober 2019.
Sie hatten eine Idee, aber keinen Plan
«Wir hatten eine Idee», sagt Patrick Reck, «aber keinen Plan, kein Budget und keine Anbaufläche.» Schliesslich wurden sie an der Flussgrabenstrasse fündig, nur ein paar Meter vom Sitz seiner Gartenbaufirma entfernt, wo er selbst auch seine Wohnung hat und die Büroräumlichkeiten der Wildblumen GmbH eingerichtet sind. Die Besitzerin der Wiese bewirtschaftet ihren Garten ökologisch und hat ein Gartenhaus, der restliche Platz steht für die Aufzucht der Wildblumen und Kräuter zur Verfügung. In den mit Holzlatten umrandeten Beeten wachsen Pflanzen für den naturnahen Garten, in einer Ecke blühen Mutterpflanzen. Ihre Samen werden im kommenden Jahr verwendet. Die Schattenpflanzen stehen unter einem Schattentunnel, damit sie vor zu viel Sonne geschützt sind.
Samsara Garcia-Reck, stellvertretende Geschäftsführerin, gravierte in der Winterzeit Täfelchen, um die Pflanzen zu beschriften. Die gelernte Dekorationsgestalterin und Tochter von Patrick Reck ist 2020 ins Unternehmen eingestiegen. Sie hat den Online-Shop mit aufgebaut , betreut ihn nun und ist für die administrative Aufgaben und den Versand zuständig.
Samen sammeln ist aufwendig
Im ersten Jahr ging es darum, Saatgut zu sammeln. Dafür haben sie eine Sammelgenehmigung der Kantone St. Gallen und Appenzell Ausserrhoden, die jedes Jahr erneuert werden muss. Cora Barth sagt:
Es ist ein wahnsinniger Zeitaufwand, Samen zu sammeln.
Man müsse zuerst den Standort einer Pflanze finden, dann ein paarmal hingehen, da der Samen über einen längeren Zeitraum reife. Patrick Reck fügt hinzu: «Es ist erschreckend, wie wenig Arten es noch gibt.» Rund um sein Haus hängen an einigen Pflanzen Baumwollsäcklein, damit die Samen hineinfallen. Im Samenraum sind bereits einige Teller mit Samen auf dem Tisch.
«Im Winter reinigen wir alle Samen», sagt Samsara Garcia. «Danach werden sie in Gläsern aufbewahrt und später ausgesät.» In einem Ordner halten sie den Fundort der Samen fest, damit die Herkunft des Saatgutes nachverfolgt werden kann. «Momentan haben wir etwa 200 Arten», sagt Cora Barth.
Wir möchten unser Sortiment gern auf 450 Arten ausbauen.
Deshalb tauschen sie sich mit Kollegen aus und kaufen manchmal Mutterpflanzen aus einem anderen Kanton. Die Wildblumengärtnerei ist ein zertifizierter Knospenbetrieb, die Frauen arbeiten biologisch, verwenden keine Spritzmittel, keinen Mineraldünger, dafür eigenen Kompost.
Der Garten soll ein Ort der Begegnung sein
Neben Gemeinden, Naturschutzverbänden und Gärtnereien gehören auch Privatpersonen zur Kundschaft. Sie können sich ausserhalb der Öffnungszeiten der Gärtnerei telefonisch für einen Beratungstermin melden. «Wir nehmen uns gern Zeit für unsere Kundinnen und Kunden», sagt Cora Barth.
Unsere Gärtnerei soll ein Ort der Begegnung sein, wo man sich austauschen kann.
Kürzlich war eine Schulklasse zu Besuch. Sie durften an den Kräutern riechen und Samsara Garcia erklärte ihnen, weshalb Artenvielfalt wichtig ist. «Es ist schön zu sehen, dass die Kinder interessiert daran sind», sagt sie. «Wir freuen uns auch, dass viele Junge zu uns kommen.» Patrick Reck hat bereits ein Paradies vor seinem Haus. Er sagt: «Man kann auch im Industriegebiet Lebensräume schaffen.»
Als er vor achteinhalb Jahren einzog, zählte er zehn bis 15 Arten, heute sind es 200. Rund um das Haus gibt es Brunnen, Wasserstellen, Steinlinse oder Totholz. Er sagt:
Die Wiesel, Zauneidechsen, Ringelnattern und Vögel sind meine Highlights. Sie bestärken mich auf meinem Weg.
Cora Barth hofft, dass ihre Vision und Mission bei den Leuten fruchten. «Sie sollen merken, dass wir nicht kühne Spinner auf der Wiese sind.» Vielfalt sei auch auf dem Balkon möglich. «Drei Stauden in einem Topf bieten bereits Nahrung für Wildbienen», sagt sie. «Deshalb wünsche ich mir blühende Landschaften.»