26.10.2022

Bitcoin aus dem Automaten

Im Restaurant oder im Laden Bitcoin und andere Kryptowährungen kaufen oder verkaufen? – Doch, das gibt es. In St. Margrethen, Widnau und Au.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 02.11.2022
Im Einkaufszentrum Rheinpark, im Restaurant Galerie im Park, stehen zwei Automaten. Der eine (ein mechanischer Greifautomat namens Toy Story) enthält Puppen, der andere, der gleich danebensteht, ist ein Hightech-Produkt für den Kauf und Verkauf von Kryptowäh­rungen.Dass es so etwas gibt, dürften die wenigsten Rheintalerinnen und Rheintaler gewusst haben. Überhaupt ist die Blockchain-Technologie, auf der die Kryptowährungen beruhen, für viele Menschen immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Selbst die bei Wikipedia vorzufindenden und an sich gute Erklärung, was ein Bitcoin ist, erleben fachunkundige Interessierte nicht unbedingt als erhellend.Ausser dem Kryptoautomaten im «Rheinpark» steht je einer im Solarium & Collarium in Widnau, bei Foto Nüesch im gleichen Ort sowie bei Phone Solution in Au. Eine besondere Beziehung zu diesen Geräten hat der Auer Marcel Höhener. Der Unternehmer (Höhener Consulting) vermittelte zunächst der Zuger Firma Värdex Suisse den Kryptoautomatenstandort im Rheinpark und ist nun als Ansprechpartner für den Bity-Automaten in Au zuständig. Bity ist eine Westschweizer Firma, der auch die Automaten in Widnau gehören.Die Zahl der Kryptoautomaten in der Schweiz beziffert Höhener mit 152, weltweit seien es gut 38'000. Was ebenfalls den wenigsten bewusst sein dürfte: Auch an allen SBB-Ticketautomaten lassen sich Bitcoin-Anteile kaufen, schon seit bald sechs Jahren.Krypto-Geschenkkarten an vielen VerkaufsstellenVärdex Suisse, ein Unternehmen mit zehn Mitarbeitenden in Baar, hatte auch in Heerbrugg, im Dornacherhof, einen Kryptoautomaten stehen, doch vor zwei Jahren wurde jene Partnerschaft einvernehmlich beendet. Auf der Värdex-Webseite, wo das «Crypto Valley Zug» als die Heimat des Unternehmens bezeichnet wird, ist von «über 4100 Zugangspunkten in der Schweiz zum Tausch von Bit­coins und anderen Kryptowährungen» die Rede. Die Zahl der Värdex-Automaten liegt bei etwa achtzig, doch den Hauptfokus legt Värdex Suisse auf seine Kryptonow-Geschenkkarten, die in manchen Manor-Filialen und zum Teil bei Avec, Mediamarkt, K-Kiosk und Tankstellenshops erhältlich sind.«Die Entwicklung ist unaufhaltsam»Der Kryptoautomat im St. Margrether Restaurant Galerie im Park steht seit Juni 2020 hier. Die Wirtin Petra Simic sagt, sie sei natürlich immer wieder auf den Kryptoautomaten angesprochen worden. Inzwischen werde er pro Woche vielleicht zehn- bis fünfzehn Mal benützt. Beim Einzahlen kann sie auf Wunsch helfen, für weitergehende Fragen ist der Automat mit einer Hotline ausgestattet, so dass sich Fragen direkt vor Ort von einer Fachperson beantworten lassen.Was noch nicht als grosser Run anmutet, ist Teil einer Entwicklung, die Marcel Höhener für unaufhaltsam hält. Seiner Einschätzung nach sind Kryptoautomaten aber keine dauerhafte Lösung, weil sämtliche Geschäfte mit Kryptowährungen über kurz oder lang online stattfinden würden. Die Gebühren sind wohl auch ein Grund dafür. Rund acht Prozent pro Transaktion am Automaten (ob Kauf oder Verkauf) sowie eine (zusätzliche, allerdings kleine) Netzwerkgebühr sind erhebliche Kosten. Die Gebühren sinken merklich, wenn der Handel über eine Bank stattfindet, die Online-Finanz- und Handelsdienstleistungen erbringt, wie Swissquote, Sygnum oder Seba.Chance, sich an Kryptowährungen heranzutastenMarcel Höhener sieht die Kryptoautomaten aber als gute Chance, sich an Kryptowährungen «heranzutasten». Hat Petra Simic selbst auch Bitcoin-Anteile gekauft? Sie lächelt. «Ja, für etwa 1500 Franken.» Es ist länger her, der Kurs der Kryptowährung ist inzwischen stark gesunken. Wäre somit nicht der Zeitpunkt ideal, dazuzukaufen? Davon sieht sie ab.Zumindest halb im Scherz sagt Petra Simic einen Satz, dem mehr als nur ein Funken Wahrheit innewohnt. Sie müsse sparen, schliesslich wisse man ja nicht, was der Bund wegen Corona wieder beschliesst.[caption_left: In der «Galerie im Park» steht der Kryptoautomat neben einem Toy-Story-Kasten.  Bild: gb]Maximal 21 Mio. BitcoinsDie Bitcoin-Währung ist auf 21 Mio. Bitcoin-Einheiten limitiert und die Blockchain dahinter eine dezentrale, unveränderbare und öffentliche Datenbank. Seit Bestehen der Bitcoin-Blockchain (2009) ist jede Transaktion in der öffentlichen Datenbank ersichtlich. Von jeder Transaktion sind diese unveränderbaren Daten zu sehen: Datum, Ein-/Ausgangsmenge, Empfängeradresse (vergleichbar mit IBAN). So werden am Automaten Bitcoin-Anteile gekauftWie einfach ist es für den Laien, an einem Kryptoautomaten Bitcoin- oder Ethereum-Anteile zu kaufen? – Test in Au, an einem Bity-Automaten, im Beisein des gelernten Elektromonteurs Marcel Höhener.Der Unternehmer hat 2016 erstmals Bitcoin-Anteile gekauft und ist mit Kryptowährungen vertraut. Höhener sieht sich als Ansprechpartner für Anwendungen, macht aber keine Finanzberatung. Ist der Bildschirm berührt und die gewünschte Kryptowährung ge­wählt, ist die Art der gewünschten Transaktion (z. B. Kaufen, ab 50 Franken) mit einer weiteren Berührung festzulegen. Zur Auswahl stehen Bitcoin- und Ethereum-Anteile, aber auch Monero und Litecoin. Beim Test in Au am Freitag, 21. Oktober, sind die aktuellen Kurse so: 1 Bitcoin: 20'902 Franken, 1 Ethereum: 1406.92 Franken; 1 Lite­coin: 55.48 Franken; 1 Monero: 152.62 Franken. Die Bitcoin-Anteile heissen Satoshi. 100 Millionen Satoshis entsprechen einem Bitcoin.Kryptogeld in digitaler Geldbörse aufbewahrenSind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen akzeptiert, ist die Währung zu bestimmen, in der man bezahlt, entweder Franken oder Euro. Der Automat druckt ein sogenanntes Paper Wallet. Dieses sieht wie ein Kassenzettel aus. Das Papier enthält den privaten Schlüssel (den Marcel Höhener mit einem Kennwort vergleicht) sowie den öffentlichen Schlüssel (der sozusagen der IBAN entspricht).Ist die Transaktion bestätigt und der entsprechende Betrag bezahlt, wird ein Beleg gedruckt, der sicher aufzubewahren ist. Die Zeit für die Transaktion am Gerät beträgt nur zwei bis drei Minuten, bis das Gut­haben auf dem Paper Wallet ist, vergeht aber mindestens eine halbe Stunde. Auf eine vergleichbare Weise findet auch der Verkauf von Kryptowährungen statt. Zur Aufbewahrung von Kryptowährungen (sowie zum Senden und Empfangen digitaler Währungen) dient ein Account als digitale Geldbörse (Wallet).In dieses Smartphone Wallet werden die am Automaten vorgenommenen Transaktionen importiert. Die Einrichtung mit einer entsprechenden App kann schon vor einem Bezug am Automaten erfolgen – oder danach. Aus Sicherheitsgründen wird für ein grösseres Krypto-­Guthaben (ab 1000 Franken) eine so genannte Hardware Wallet verwendet. (Gert Bruderer)

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