01.06.2020

Bis zehn Kilo Honig pro Volk

Rheintaler Bienenzüchter sind zufrieden. Im Vergleich zum letzten Jahr können sie sehr viel mehr Honig ernten.

Von Susi Miara
aktualisiert am 03.11.2022
Susi MiaraDie warmen Frühlingstemperaturen boten dieses Jahr ideale Bedingungen für die Bienen und Imker. «Hätte es noch ein wenig mehr geregnet, wäre es noch besser gewesen», sagt Michael Sonderegger, Präsident des Bienenzüchtervereins Oberrheintal. Trotzdem kann er die Euphorie der Schweizer Imker nicht verstehen. Er ist zufrieden, überhaupt Honig ernten zu können, denn in den letzten Jahren sah die Situation viel schlechter aus. Dieses Jahr hätten sich die Bienen gut entwickelt und die warmen Temperaturen sowie die frühe Blütezeit hätten viel zu diesen guten Ergebnissen beigetragen. «Am meisten hatte ich vor einem Kälteeinbruch Angst», sagt Michael Sonderegger. «Das wäre für uns der Totalausfall gewesen.» Er selbst hat 16 Bienenvölker, davon viele Jungvölker. «Ich bin sehr zufrieden mit dem Honig, den ich bekommen habe», sagt er.Je nach Standort ist der Unterschied grossWilli Lenherr aus Altstätten hat 50 Bienenvölker, etwa zwei Drittel im Tal und ein Drittel in Hölzlisberg. «Es sind zwar nur einhundert Meter Höhenunterschied, doch die Differenz bei der Honigernte ist gross. Früh schon konnten die Bienen im Tal den Löwenzahn und die Obstblüten anfliegen. Dies sei auch der Grund für die guten Erträge. In Hölzlisberg sei alles etwas verspätet gewesen. «Die Sommerernte könnte aber alles wieder wettmachen», sagt Willi Lenherr. Im Vergleich zum letzten Jahr, da konnte Lenherr im Frühling gerade drei bis vier Kilo Honig ernten, sei der Ertrag dieses Jahr sehr gut. Er ist überzeugt, bei einigen Völkern sogar bis 20 Kilo ernten zu können. Die Frühlingsernte beginne bei ihm Ende Mai, Anfang Juni, je nach Lage könne es auch früher sein. Mitte Juli ist dann die Sommerernte dran, anschliessend beginnen die Vorbereitungen für den Winter. Die Bienen werden mit Zuckerwasser aufgefüttert. Sobald der Sommerhonig abgeerntet ist, beginne auch die Behandlung gegen die Varroamilbe mit organischen Säuren. Dies dauert bis September, dann folgt die Winterruhe.Momentan hätten die Im-ker aber andere Probleme: Die Schwarmzeit hat begonnen. Kräftige Bienenvölker nutzen den Überfluss an Nektar und Pollen, um sich zu teilen. Etwa die Hälfte der Bienen zieht mit der alten Königin aus und setzt sich als «Schwarmtraube» in einen Baum. «Die Überlebenschancen sind dort minimal», sagt Willi Lenherr. Die Imker versuchen deshalb, das Volk wieder einzufangen. Der Rest der Bienen bleibt in der Bienenkiste und zieht sich eine neue Königin heran.Zu trockenes Wetter hat das Sammeln erschwertNiklaus Geiger ist Präsident des Imkervereins Unterrheintal. Beim Schützenhaus in Berneck steht sein Bienenhaus mit mehreren Bienenstöcken. Hier kann er bei jedem Wetter an den Völkern arbeiten oder sie kontrollieren. Zwischen fünf und zehn Kilo Honig konnte er im Frühling ernten. «Für mich war es eine normale Frühlingsernte», sagt er. Verschiedene Faktoren seien für eine gute Honigernte verantwortlich. Wichtig ist die Lage, da die Vegetation regional sehr verschieden und die Haupttrachtzeit (Zeit der Blüte) unterschiedlich lang sind. Das kann drei bis vier Wochen dauern. So blühen zum Beispiel in zeitnahen Abständen Kirsche, Löwenzahn, Birnen und Äpfel. Nur ein starkes Volk ist in der Lage, Honig für die Ernte zu sammeln. Das heisst, dieses Volk muss zu Beginn dieser Trachtzeit sehr gut entwickelt sein. «Diesen Frühling hatten wir 40 Tage keinen Regen», erklärt Niklaus Geiger. Zu trockenes Wetter habe das Sammeln von Nektar erschwert. Wichtig sei, auch den Bienen eine Futterreserve von mindestens fünf Kilo zu lassen. «Das Schlimmste ist, wenn ein Volk hungert», sagt Niklaus Geiger. Noch liegen die Resultate der Imker nicht vor. Der Ertrag variiert aber zwischen fünf und zehn Kilo. «Nach der Frühlingsernte kann ich sagen, dass 2020 ein normales Honigjahr sein wird», so Geiger. Die Zahlen der letzten zehn Jahre zeigen aber deutlich, dass sich dies noch ändern kann, denn die Sommerernte mit durchschnittlich 12,7 Kilo Honig war national gesehen eher besser als die Frühlingsernte mit 7,8 Kilo. 2009 lag der Durchschnitt bei der Frühlingsernte bei 11,9 Kilo, bei der Sommerernte bei 8,9 Kilo; 2010 waren es 5,3 Kilo im Frühling und 15,8 Kilo im Sommer; 2011 im Frühling 14,4 Kilo, im Sommer 14,7 Kilo; 2012 im Frühling 5,5 Kilo, im Sommer 8,5 Kilo; 2013 im Frühling 4,5 Kilo, im Sommer 18,3 Kilo; 2014 im Frühling 6,7 Kilo, im Sommer 7,5 Kilo; 2015 im Frühling 8,1 Kilo, im Sommer 19,1 Kilo; 2016 im Frühling 7,8 Kilo, im Sommer 18,4 Kilo; 2017 im Frühling 7,6 Kilo, im Sommer 18,4 Kilo; 2018 im Frühling 10,7 Kilo, im Sommer 12,5 Kilo; 2019 im Frühling 3,5 Kilo, im Sommer 9,5 Kilo. Der Durchschnitt bei der Gesamternte der letzten zehn Jahre lag bei 20,5 Kilo. 2011 war mit 29,4 Kilo das erfolgreichste Jahr.Rund 25 Prozent sind Imkerinnen In der Schweiz gibt es rund 180000 Imker. Beim Imkerverein Unterrheintal betreuen 60 Imkerinnen und Imker 500 Bienenvölker, 25 Prozent der Mitglieder sind Frauen. Bienen erzeugen aber nicht nur köstlichen Honig. Unter allen Bestäubern spielt die Honigbiene die grösste ökologische Rolle: Fast 80 Prozent aller Nutz- und Wildpflanzen werden von ihr bestäubt. Sterben die Bienen, könnte dies also eine Lebensmittelkrise auslösen.

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.