04.03.2022

Bienen starben wegen Pestizid

Je ein Bienenvolk in Rebstein und in Widnau hat eine starke akute Vergiftung durch ein Pflanzenschutzmittel erlitten. Wo die Bienen das Gift aufnahmen, ist ungeklärt.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 02.11.2022
Das traurige Ereignis erwähnt der kantonale Bieneninspektor Max Meinherz in seinem Jahresbericht. Am 19. August hat «eine aufmerksame Imkerschaft auf zwei Bienenständen in Widnau und Rebstein einen starken, unvermittelt aufgetretenen Bienentotenfall beobachtet». Der zuständige Bieneninspektor habe entsprechende Bienenproben dem Bienengesundheitsdienst weitergeleitet, damit sie auf Pestizidrückstände durch ein anerkanntes Labor untersucht würden. Dieses Labor fand heraus, dass es auf beiden Bienenständen zu einer starken akuten Vergiftung durch ein Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Lambda-Cyhalothrin gekommen war.Im Pflanzenschutz wird Lambda-Cyhalothrin gemäss Wikipedia gegen Insektenbefall in land- und forstwirtschaftlichen Kulturen sowie im Gemüsebau eingesetzt. Das Mittel ist nicht nur für Bienen gefährlich, sondern ebenso für Fische und Fischnährtiere.Nicht geklärt, wo die Vergiftung stattfandAus dem Abschlussbericht des Bienengesundheitsdienstes geht zudem hervor, dass «nicht geklärt werden konnte, auf wel-cher Kultur die Bienenvölker die schwere Vergiftung erlitten haben», schreibt Max Meinherz und fügt hinzu: Grundsätzlich gehe es in solchen Fällen nicht darum, irgendwelche Schuldzuweisungen vorzunehmen, jedoch sei «die nötige Informations- und Aufklärungsarbeit durch die zuständige Behörde» zu betreiben, damit sich «solche leidigen Fälle» künftig vermeiden liessen.Von Schuldzuweisungen wird auch mit Blick auf das Vorgehen unmittelbar nach dem 19. August abgesehen. Bis das Laborergebnis vorlag, wurde nicht gezielt und konsequent genug herauszufinden versucht, wo die Vergiftung stattgefunden hat. Aus mehreren Gründen ist dies generell eher schwierig.Auch in Gärten kommen Pestizide vorHonigbienen haben einen Flugradius von drei Kilometern und kommen somit an vielen Feldern vorbei. Selbst bei korrek-ter Anwendung eines Pflanzenschutzmittels ist eine Vergiftung nicht ausgeschlossen. Den Ort zu ermitteln, wo die Bienen mit dem Mittel in Kontakt gerieten, wurde dadurch erschwert, dass die Hauptkulturen im Gemüsebau wegen der Direktzahlungen zwar erfasst sind, die Zwischenkulturen aber nicht.Als Ort der Vergiftung kommen überdies nicht nur landwirtschaftlich genutzte Flächen, sondern auch Privat- und Schrebergärten in Frage. Ein entsprechendes Indiz sind Wirkstofffunde in den Bächen. Einige dieser Wirkstofffunde liessen sich nicht erklären, wurde Daniela Büchel (Lehrerin/Beraterin am Landwirtschaftlichen Zentrum in Salez) 2019 in einem Zeitungsbeitrag zitiert. Die Aussage bezog sich unter anderem auf den Zapfenbach in Kriessern, in dessen Einzugsgebiet Haus- und Schrebergärten liegen. Es seien auch Stoffe gefunden worden, die seit 2011 verboten sind. Es liege die Vermutung nahe, dass die Bewirtschaftung von Privat- und Schrebergärten zum Vorhandensein von Insektiziden im Wasser beitrage, meinte Daniela Büchel. Mitte des letzten Jahrzehnts war sogar noch von «deutlichen Spuren von Insektiziden im Zapfenbach» die Rede.Pestizid-Wirkstoffe gelangen vor allem durch unsorgfältige Handhabung in Gewässer. Wichtig sind neben einem zurückhaltenden Einsatz der Produkte die korrekte Reinigung der Sprühgeräte und umweltgerechte Entsorgung von Restmengen.Bienenvölker geschwächt, doch sie bestanden fortMit dem Vorfall vom 19. August beschäftigt sich das kantonale Landwirtschaftsamt. Der Leiter Bruno Inauen sagt, ihm schwebe ein Konzept vor, das ein klar definiertes Vorgehen beim Verdacht auf eine Vergiftung von Bienen vorsieht. Im Kanton Bern sei zu diesem Zweck vor einigen Jahren eine Taskforce gegründet worden, was auch für den Kanton St. Gallen vorstellbar sei. Wichtig sei in jedem Fall ein rasches Handeln. Idealerweise hätte dies zu bedeuten, dass das Landwirtschaftsamt bei Bedarf ermächtigt ist, auf Feldern unangemeldet eine Probe zu entnehmen. Die Vergiftung vom August ist wenigstens nicht allzu folgenschwer geblieben. Zwar sei es zu einer Schwächung von zwanzig Bienenvölkern gekommen. Diese hätten sich aber wieder erholt und fortbestehen können, sagt Bruno Inauen.Der Leiter des Landwirtschaftsamtes hebt die Bedeutung von Aufklärung und Weiterbildung hervor. An einer Gemüsebautagung vom 28. Januar in Salez hätten sich die Teilnehmenden mit diesem Thema befasst, ein weiterer Anlass sei für Ortsgemeinden bzw. Besitzer von Schrebergärten geplant. Vielleicht, meint Bruno Inauen, könne er sich über das vorgesehene Konzept zum Vorgehen bei einer Bienenvergiftung heute Samstag, 5. März (an der DV des Imkerverbandes St. Gallen-Appenzell in Altstätten) bereits etwas genauer äussern.

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