06.12.2021

Bewahrer eines grossen Areals

Klaus Gallusser, einst Chef einer Gerberei, ist 86-jährig mit der Erneuerung eines Bernecker Dorfteils beschäftigt.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 02.11.2022
Gert BrudererBis vor ein paar Jahren stach bei der Verzweigung Tram- und Auerstrasse ein Kamin ins Auge. Etwa dreissig Meter ragte er empor. Die Steine fingen an zu bröckeln, was die Schrumpfung auf zwei Meter nötig werden liess. Klaus Gallusser befand: «Da lohn i stoh.»Der übrig gebliebene, neckische Schornsteinstumpf thront auf dem Kesselhaus, zwischen dem früheren Hauptlager der Gerberei und der gemeindeeigenen Transformatorenstation. Von hier erstreckt das Areal sich Richtung Au und Rebberg, die Auerstrasse zerschneidet es.Allein im grossen Haus Neues ausheckenGehörten die Grundstücke mit ihren grossen alten Geschäftsgebäuden und zwei Wohnhäusern nicht Klaus Gallusser und eiferten ihm seine beiden Kinder nicht mit ihrer Freude an historischen Gebäuden nach, sähe Berneck wahrscheinlich längst anders aus. Das Gerbeareal, rund eine Hektare gross, käme Investoren wie gerufen.Stattdessen hält der 86-Jährige die Stellung. Meist mutterseelenallein, sitzt Klaus Gallusser im stattlichen Bürogebäude, in dessen Besprechungszimmer es nach früher riecht. Die Stühle sind mit Ziegenleder überzogen, dieses Leder stammt noch aus dem eigenen Traditionsbetrieb, der Eduard Gallusser AG.Die Stühle sind wohl gegen fünfzig Jahre alt, ein Sinnbild für die Freude des multifunktional tätigen Schaffers an alten Dingen. Zumindest Geschäftsführer, Verwaltungsratspräsident und Sekretärin in Personalunion, widmet sich Klaus Gallusser seinem Drang, Bestehendes so zu erneuern, dass es würdevoll erhalten bleibt.Westlich der Auerstrasse alles schon renoviertSeit dem Jahr 2013 hat Klaus Gallusser alle eigenen Gebäude westlich der Auerstrasse renoviert, die ganzen Grundausrüstungen.Ob Maler, Elektriker, Dachdecker, Sanitärinstallateur oder Schlosser – sie alle stammen aus dem Dorf, das sei schon seit Jahrzehnten so. Er sagt: «Die einheimischen Handwerker kannten den Betrieb der Gerberei fast besser als wir selbst.» Wer hier vorbeifährt oder -geht, durchquert ein grosses Stück Vergangenheit. Die Gebäude sind von aussen praktisch unverändert, das einstige Rindenlager befindet sich nach wie vor hinter einem Bretterschirm mit Türmli und Vordach – alles noch original.Nur drei Garagen an der Grundstücksgrenze kamen neu hinzu, hier hatte sich die Kläranlage des Betriebs befunden.Nach der Renovation ist neues Leben eingekehrt: Das Blaukreuz-Brockenhaus und das Leistungszentrum Rheintal (LZR) als lizenzierte Gratis-Annahmestelle für ausgediente oder defekte Haushaltsgeräte und Elektronikartikel beanspruchen als Mieter der ehemaligen Gerbi-Betriebsgebäude die gesamte Fläche. Zwei wahre Bijous sind das bewohnte Marthaler-Haus samt Pavillon an der Tramstrasse und das dahinter liegende «Hüsli» geworden, eine ehemalige Schlosserei. In ihr hatte einst Adolf Schelling gewirkt, und im Marthaler-Pavillon befand sich vor langer Zeit eine von Eduard Marthaler gegründete Druckerei.Es gibt immeretwas zu tunMit dem gleichen hohen Anspruch hat sich Klaus Gallusser daran gemacht, das ehemalige Bürogebäude mit dem angebauten Magazin an der Auerstras-se 11 in ein Wohnhaus zu verwandeln. Sechs Wohnungen sind insgesamt geplant, davon vier Lofts.Wie die meisten Menschen diesseits des Pensionsalters hat Klaus Gallusser einen Terminkalender und immer wieder Problemchen. Irgendwelche Alltagssörgeli geschäftlicher Natur. Statt sie zu scheuen oder über sie zu klagen, betrachtet er sie wie das Salz in der Suppe. Vielleicht halten sie ihn ja so jung. Mit einem Schmunzeln sagt er: «Die Aufgaben gehen nicht aus.» Was kommen wird? «Mä gseht’s vorzue. ‘s git immer öppis z’tue.»

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