Seit 1938 war das Dorf Lienz achtmal von grösseren und kleineren Murgängen betroffen. Das grösste Ereignis fand im Jahr 1967 statt. Bei diesem wurde das Dorf mit rund 40’000 Kubikmetern Geröll verschüttet. Laut einer Mitteilung der Stadt Altstätten wurden inzwischen verschiedene Massnahmen umgesetzt, um die drohende Gefahr zu reduzieren.
Unter anderem schränken Wildbachsperren das Erodieren der Bachsohle ein. Weiter wurde das Gerinne des Lienzer Bachs umgelegt. Dieses wurde massiv verbaut und mit zwei Kiesfängen ergänzt.
Lose Felsbrocken im Bach
Bei einem statistisch betrachtet alle 100 Jahre wiederkehrenden Ereignis ist im Lienzer Bach mit einem Abfluss von 25 Kubikmetern Wasser pro Sekunde zu rechnen. Hinzu kommen 20’000 Kubikmeter Steine, Blöcke, Geröll, Erdreich und Holz. Eine Menge, die man sich kaum vorstellen kann. Sie entspricht einem Volumen der Ladung von 1’500 Fünf-Achs-Lastwagen.
Würden die Lastwagen hintereinander aufgereiht, gäbe es eine Kolonne, die von Lienz bis nach Altstätten reichen würde. Die Dimension der Murgangfracht wurde letztes Jahr von Experten neu abgeschätzt.
Wie die Begehung im Gelände zeigte, liegen teils mehrere Kubikmeter grosse Felsbrocken lose im Bach. Aufgrund der drohenden Gefahr befinden sich zahlreiche Gebäude gemäss Gefahrenkarte in einer Zone mit «mittlerer» bis «erheblicher» Gefahr. Dies hat zur Folge, dass in einem Teil des betroffenen Gebiets ein Personenrisiko besteht und ohne Schutzmassnahmen keine wertvermehrenden Investitionen in die Liegenschaften getätigt werden dürfen. Das oberste Ziel der Stadt Altstätten sei es, Menschenleben zu schützen, heisst es in der Mitteilung weiter.
Bereits in den vergangenen Jahren wurden verschiedene Berechnungen vorgenommen, Lösungsvorschläge erarbeitet und gar Modellversuche durchgeführt. Aufgrund des Ausmasses des Projekts hat der Bund die Stadt Altstätten beauftragt, sämtliche technisch möglichen Varianten zu prüfen und diese bei Bund und Kanton zur Vorprüfung einzureichen.
Bevor der technische Bericht bei den Amtsstellen eingereicht wird, werden die vier in Betracht gezogenen Varianten der Bevölkerung bei einem öffentlichen Informationsanlass vorgestellt. Die Lösungsansätze gehen von einem Geschieberückhalt, über eine Murgangausleitung bis hin zu einer Bachumlegung.
Alle Varianten werden eingereicht
«Unser Ziel ist es, der Bevölkerung einerseits den Stand der Arbeiten aufzuzeigen und andererseits ihre Haltung zu den verschiedenen Varianten abzuholen. Diese sollen in den Bericht an Bund und Kanton einfliessen», erklärt Stadtpräsident Ruedi Mattle. Die Stadt Altstätten wird alle im Variantenstudium erarbeiteten Lösungsvorschläge bei Bund und Kanton zur Beurteilung einreichen.
Daher geht es an dem geplanten Informationsanlass nicht darum, sich für eine Variante auszusprechen oder gar einen Variantenentscheid zu fällen, sondern darum, die Vor- und Nachteile aus Sicht der Bevölkerung aufzunehmen. Je nach Variante sind unterschiedliche Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer unterschiedlich stark betroffen.
Die Besitzer der am meisten betroffenen Grundstücke wurden vorab über die laufenden Arbeiten in Kenntnis gesetzt. Den Vertretern des Stadtrats sind daher die Forderungen und Haltungen der Grundeigentümer bereits bekannt. Nach dem Informationsanlass wird der Bericht mit den allenfalls zusätzlichen Erkenntnissen und Haltungen ergänzt und bei Bund und Kanton eingereicht.
Der öffentliche Informationsanlass zum Variantenstudium «Hochwasser- und Murgangschutz Lienzer Bach» findet am Donnerstag, 31. Oktober, um 19 Uhr in der Turnhalle des Schulhauses Lienz statt.