27.08.2019

Beschwerde gegen Abstimmung

Das Walzenhauser Entschädigungsreglement soll laut einem Einwohner verfassungswidrig sein.

Von Margrith Widmer
aktualisiert am 03.11.2022
Am 20. Oktober entscheiden die Walzenhauser über das Entschädigungsreglement und das Vollamt des Gemeindepräsidenten. Gegen beide Vorlagen wurde das Referendum ergriffen. Die Reglemente sollen rückwirkend auf den 1. Juni 2019 in Kraft gesetzt werden, obwohl die Kantonsverfassung ein Rückwirkungsverbot vorsieht.Im Juli machte das Sekretariat des Departements des Innern und Sicherheit die Gemeinde darauf aufmerksam, dass laut Kantonsverfassung «grundsätzlich» ein Rückwirkungsverbot bestehe. Es wurde darauf hingewiesen, eine Ausnahme sei an zwingende Voraussetzungen gebunden, die kumulativ erfüllt sein müssten. So muss etwa die Rückwirkung «ausdrücklich angeordnet sein». Der Kanton verlangte einen Hinweis auf die rückwirkende Inkraftsetzung. Das ignorierte die Gemeinde. Der Kanton wies die Gemeinde auch darauf hin, dass selbst bei strikter Einhaltung der zwingenden Voraussetzungen die Möglichkeit eines negativen Urteils in einem Verfahren bestehe.In den Wind geschlagenEs stelle sich die Frage, warum Walzenhausens Gemeinderat die juristischen Empfehlungen des Kantons einfach in den Wind schlage und mutwillig ein Gerichtsverfahren wegen zweier Reglemente provoziere, fragt der Walzenhauser Theo Frey. Mit einem Verzicht auf die verbotene Rückwirkung hätten die Reglemente problemlos zur Abstimmung gebracht werden können, so Frey. «Da beide Reglemente gegen die Verfassung verstossen und die minimalen, vom Kanton geforderten Voraussetzungen für eine Ausnahme bei weitem nicht erfüllt sind, habe ich eine Abstimmungsbeschwerde eingereicht», so Frey.In einer Beschwerde beantragt er, dass die Abstimmung vom 20. Oktober abgesagt werden solle. Der Gemeinderat sei anzuweisen, zwei neue Reglemente zu erlassen, die mit der Kantonsverfassung im Einklang sind, und diese dem Referendum zu unterstellen. Es gebe keine triftigen Gründe, die eine Rückwirkung ausnahmsweise rechtfertigen könnten. Auch nicht das Argument «neues Amtsjahr» – das vorherige Reglement sei am 24. Oktober 2017 in Kraft gesetzt worden.Vor der Abstimmung publizierte Frey Leserbriefe und ein Flugblatt. Er empfahl die Ablehnung des Reglements: «Hiermit schanzen sich die Gemeinderäte eine Verdoppelung des Gehalts zu und versuchen gleichzeitig, die sozialen Abgaben, wie Steuern und AHV, zu umgehen», schrieb er. So unverfroren seien «nicht einmal die als Abzocker bekannten Banker am Paradeplatz vorgegangen».Die Gemeinderäte klagten gegen den Autor, das Ausserrhoder Kantonsgericht sprach ihn jedoch frei. In der Urteilsbegründung hielt es fest, dass aus dem Vergleich des geltenden «alten» und des verworfenen «neuen» Entschädigungsreglements ersichtlich werde, dass das «neue» Reglement, zumindest für die Hälfte des Gemeinderats, «wie vom Beschuldigten geltend gemacht, zu einer massiven Erhöhung des Entgeltes geführt hätte».«Unter diesen Umständen erscheint der verwendete Begriff‚ ‹Abzocker› im Rahmen einer politischen Auseinandersetzung unter strafrechtlichen Gesichtspunkten noch als vertretbar», so das Gericht. Der Flugblatt-Autor erhielt eine Entschädigung.160000 Franken für den GemeindepräsidentenFür den Gemeindepräsidenten Walzenhausens (weniger als 2000 Einwohner) sind laut Entschädigungsreglement 160000 Franken vorgesehen. Das ist so viel wie der Gemeindepräsident von Teufen, Reto Altherr, erhält. Sein Herisauer Kollege Kurt Geser bekommt 189667 Franken.Die Zahlen sind auf eine 100-Prozent-Stelle umgerechnet, die meisten Präsidenten arbeiten aber nur 25 bis 60 Prozent. Nur die Präsidien der vier grössten Ausserrhoder Gemeinden Herisau, Teufen, Speicher und Heiden sind Vollämter. Verteilt man die Kosten eines Gemeindepräsidenten auf die Einwohner einer Gemeinde, bezahlen die Walzenhausener 670 Prozent des Betrags, den die Herisauer aufwenden müssen.

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