28.07.2022

Berneck hat das Spritzenhaus in der Kriegszeit entfernt

Kaum ein Gebäude in Berneck prägt das Dorf so sehr wie das Rathaus am Fusse der Taa-Felsrippe, am oberen Ende der Neugass. Zum Gebäude gehören Wandmalereien und zwei Gedenktafeln im Freien.

Von Gino-Enrico Kaufmann
aktualisiert am 02.11.2022
Fürstabt Joachim von St. Gallen liess das um 1500 erbaute «Gmeindshus» 1591 abreissen und am selben Ort ein neues Wahrzeichen erbauen.Seit dem Jahr 1500 besitzt der Hof Bernang das Marktrecht, das gewöhnlich nur städtischen Siedlungen verliehen wurde. Das prachtvolle, noch heute bestehende Rathaus diente als Ratsstube, Gerichtsstätte, Marktlaube und Bürgertrink­stube. Bis in dieses Jahrtausend hinein fanden in Berneck (zuletzt im Ratssaal) öfter Gerichtsverhandlungen statt, heute tagt das Kreisgericht Rheintal jeweils in Altstätten.«Kriegsmann trinks us»Auf die einstigen Söldnerdienste unter fremden Fahnen weisen zwei erhalten gebliebene Bausprüche hin, die am Kopfende zweier Holzsäulen zu finden sind. Einer dieser Sprüche (die mit «Basche Fer – der Pfifer» unterzeichnet sind) lautet so:1591Wirt hol Win,Wirzknecht schenk in,Kriegsmann trinks us,Küng in Frankrich,bezahl du’s.Unterhalb des Rathauses gab es während Jahrhunderten jeden Dienstag einen Wochenmarkt und dreimal im Jahr – an Georgi, Martini und St. Niklaus – je einen Jahrmarkt.Als das alte Spritzenhaus baufällig geworden war, entschied die Gemeindeversammlung 1834, das Spritzenhaus auf der nördlichen Seite des Rathauses anzubauen.Als 1892 für die mittelrheintalische Realschule eine zweite Lehrkraft anzustellen war, wurde der obere Stock des Spritzenhäuschens, der bis dahin als Standmagazin und Wachtstube gedient hatte, zu einem Schulzimmer umgebaut. Nach dem Bau der Realschule oberhalb der Kirchgasse zog die Gemeinderatskanzlei 1915 in den oberen Stock des Spritzenhäuschens ein.Rathaus sollte alte Form zurückerhaltenDie bis dahin paritätische Kirche nebenan wurde 1938 neu gestaltet. Es mehrten sich die Stimmen, auch das stark renovationsbedürftige Rathaus zu erneuern.Trotz der knapp vorhandenen Baumaterialien während des Zweiten Weltkriegs wurden Pläne geschmiedet und Offerten eingeholt. Die Absicht war, dem Rathaus die ursprüngliche Form zurückzugeben und das Spritzenhäuschen abzureissen.[caption_left: In der ersten Hälfte der Vierzigerjahre wurde das stark renovationsbedürftige Rathaus erneuert und das Spritzenhäuschen entfernt.]Die Stimmberechtigten genehmigten das Bauprojekt nach Plänen des St. Galler Architekten Hans Burkhard am 3. Mai 1942. Der nördliche Anbau wurde abgebrochen, das im Erdgeschoss untergebrachte Feuerwehrdepot an den heutigen Standort und das im Obergeschoss untergebrachte Büro der ehemaligen Kanzlei ins renovierte Rathaus verlegt.Wandmalereien und GedenktafelnDie ersten Glasgemälde von 1591 waren im Laufe der Jahrhunderte verschwunden, weshalb die Rats- und die Gerichtsstube mit den Wappenschei­ben der historischen «Bern­egger-Geschlechter» verziert wurden.Zwei Wandmalereien des bekannten Rheinecker Malers Heinrich Herzig im Ratssaal zeigen auf der Ostseite den Auftritt eines neu ernannten Obervogts mit äbtischen Beamten und Hofleuten, die den neuen Vertreter milde und nachsichtig stimmen wollten. Auf der Westseite sind die herbstlichen Zehntabgaben beim Fürstenhaus thematisiert; die Bernanger Hofgenossen versuchten schon damals, den Zehnten zu schmälern. Der (für den Wirtschaftsbereich zuständige) sogenannte Schaffner und zwei geistliche Brüder kamen jeden Herbst ins Rheintal, um die Zehntabgaben strikt zu überwachen.Zwei Gedenktafeln in der Markthalle erinnern beständig an zwei bedeutende Bernecker: An den Gerichtsschreiber Johannes Dierauer (1842 – 1920) und den Schriftsteller und Vikar Heinrich Federer (1860 – 1928), während in den oberen Etagen ein ständiges Kommen und Gehen stattfindet.Hauptquelle: Rathaus-Umbau Berneck 1942/1943, Jakob Bösch, 1943.

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