10.04.2019

Bergvelos boomen am Bodensee

Der Verkauf von E-Mountainbikes zieht an, nicht nur in hügeligen Regionen. Es ist ein Trend, der Naturschützer beschäftigt, besonders aus einem Grund.

Von Martin Rechsteiner
aktualisiert am 03.11.2022
Dicke Reifen, schwerer Rahmen, Elektromotor: Das begehrt der Velofahrer von heute. Dies sagt zumindest die Statistik, welche die Schweizer Fachstelle für Velos und E-Bikes kürzlich verschickt hat. Nach wie vor stark im Trend seien sie, die E-Mountainbikes. Um über 50 Prozent hat sich deren Absatz im Vergleich zu 2017 erhöht, heisst es in der Meldung der Fachstelle. Die schweren Zweiräder für ins Gelände mögen für einen Ausflug in die Berge praktisch sein. In der Region Rorschach mit ihren flachen Velowegen entlang des Sees und auf den Strassen ins Appenzellerland sind dicke Noppenreifen und Federgabelung aber wohl kaum nötig. Möchte man meinen. Denn die Verkäufe hiesiger Velohändler sprechen eine andere Sprache. «Typische E-Mountainbiker gibt es nicht» Die markanten E-Mountainbikes stechen beim Betreten des Velohändlers Bischi Bikes in Rorschach direkt ins Auge. «Genaue Zahlen erheben wir zwar keine,  aber wir merken: Der Verkauf von E-Mountainbikes zieht seit zwei Jahren stark an», sagt der Angestellte und Profi-Velofahrer Simon Vizthum. Deshalb habe das Geschäft die Velos auch direkt beim Eingang platziert. Es gebe keine bestimmte Altersgruppe, die nach E-Mountainbikes frage. «Wir haben Leute um die 20 bis zum Pensionsalter, die sich für ein solches entscheiden», sagt Vizthum. Ähnlich sieht das Adrian Schrepfer, Mithinhaber des Veloladens Rad9. «Den typischen E-Mountainbiker gibt es nicht. Es fragen junge, aber auch Leute mittleren Alters nach den Velos.» Auch er und sein Team stellen fest, dass das Verlangen nach elektrischen Bergvelos steigt. «Wir rechnen damit, dass wir in diesem Jahr noch einmal 50 Prozent mehr verkaufen als 2018.» Dabei sei es längst nicht so, dass alle damit abseits ins Gelände gehen. «Vielleicht fahren die einen oder anderen einmal auf einem Wald- oder Kiesweg. Oder vielleicht einmal auf einem Singletrail.» Es sei ähnlich wie in den 90er-Jahren, als Mountainbikes als sportliche Velos für den Normalgebrauch populär wurden. Nur jetzt mit Elektromotor. Christoph Schär, Geschäftsführer von Zweirad Meier, in Rorschach, ebenfalls: «Nur die wenigsten, die ein E-Mountainbike kaufen, gehen damit raus ins Gelände.» Auch er verkauft die Velos je länger je mehr. «Viele kommen mit dem Wunsch, ein E-Bike zu kaufen, aber in sportlicher Ausführung. Damit wären wir beim E-Mountainbike.» René Ries, der in Goldach ein Velogeschäft betreibt und ebenfalls immer mehr E-Mountainbikes verkauft, sagt: «Natürlich gibt es in der Region Rorschach keine alpinen Velostrecken, aber zum Beispiel den einen oder anderen Schleichweg zum Fünfländerblick.» Dort sei das Biken toll. «Rein technisch kann man überall dort fahren, wo Wanderer unterwegs sind.»   Naturschützer befürchten mehr TrailsKlar ist: E-Mountainbikes verändern den Velosport insofern, als sie Orte zugänglich machen, die früher mit dem Velo nur mühsam erreichbar waren. Auch Leute mit weniger guter Kondition können jetzt damit ins Gelände. Ist mehr Verkehr in den Bergen schlecht für die Natur? Aktivisten begegnen dem E-Mountainbike-Trend nicht pauschal mit Ablehnung: «Überall, wo Velos Autos ersetzen oder zum Beispiel Personen mit Gebrechen Zutritt zur Natur erlauben, befürworten wir sie», sagt Maren Kern. Sie ist Sprecherin der Schweizer Alpenschutzorganisation Mountain Wilderness. «Es ist wie bei den Mountainbikes ohne Motor: Wenn sich die Benützer an die Regeln halten und auf den Wegen und Trails bleiben, sehen wir keine grösseren Probleme.» Etwas allerdings zeichne sich schon ab: «Da auf den Winter nicht mehr Verlass ist, nutzen die Tourismusdestinationen den Mountainbike-Trend und legen neue Wege und Pisten an.»Dies geschehe bei unsorgfältiger Planung schnell auf Kosten der Natur. So schreiben die Organisationen Mountain Wilderness, WWF, Bird Life, Pro Natura und die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz in einem gemeinsamen Positionspapier: «Diese Infrastrukturen können das Landschaftsbild beeinträchtigen, sich störend auf wild lebende Tiere auswirken sowie die Vegetation schädigen. Auch das Natur- und Landschaftserlebnis von anderen Nutzergruppen kann beeinträchtigt werden.»

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.