Ein langjähriger Mitarbeiter der Pro Senectute Appenzell Ausserrhoden sei vom Geschäftsstellenleiter so lange gemobbt worden, bis er krank geworden sei, sagen fünf freiwillige Helferinnen und Helfer der Organisation gegenüber dieser Zeitung. «Nach Ablauf des gesetzlichen Kündigungsschutzes hat er die Kündigung erhalten.» Es handelt sich um einen Mitarbeiter, der 59 Jahre alt und Vater von schulpflichtigen Kindern ist», sagt Daniela Lieberherr. Sie steht mit ihrem Namen stellvertretend für die weiteren Helferinnen und Helfer hin, die nicht namentlich in der Zeitung erscheinen wollen.Durch den Verlust des langjährigen Mitarbeiters gehe sehr viel Know-how verloren und der Mann sei bei den Klienten, Helferinnen und Helfern sehr beliebt gewesen, so Lieberherr weiter.
Auf Nachfrage sagt Geschäftsstellenleiter Markus Gmür, beim vorliegenden Fall handle es sich um einen Arbeitskonflikt. Die Freiwilligen, welche sich jetzt gemeldet hätten, seien nicht direkt vom Konflikt betroffen, sondern setzen sich aus eigenen Stücken für den betreffenden Mitarbeiter ein. «Sie kennen nur die Seite des Mitarbeiters. Pro Senectute hält sich an die Schweigepflicht eines Arbeitgebers.» Druck steigt auch auf Non-Profit-Organisationen«Gerade von einer solchen Institution kann erwartet werden, dass mit Mitarbeitenden sorgsam umgegangen wird», findet Daniela Lieberherr. «Bringt jemand die Leistung nicht mehr und verursacht Kosten, wird er ersetzt, wie es auch in der allgemeinen Wirtschaft üblich ist.» Die Helferinnen und Helfer fragten sich, ob denn eine soziale Organisation ebenso gewinnorientiert funktionieren müsse wie eine «normale» Firma, so Lieberherr. Mit dem Inkrafttreten des neuen Leistungsvertrags mit dem Bund im Januar 2018 seien die Anforderungen an die Pro Senectute gestiegen, erklärt Markus Gmür. Es müsse mehr administrativer Aufwand betrieben und alles genau dokumentiert werden. Es herrsche generell mehr Druck. Die freiwilligen Helferinnen und Helfer seien davon nicht direkt betroffen, so Gmür. «Die Ressortleitungen müssen schauen, dass Aufwand und Ertrag im Gleichgewicht sind.» Es könne sein, dass einzelne damit Mühe hätten. Von Mobbing könne in diesem Fall nicht gesprochen werden, so Gmür.«Auf der Seite von Fachstelle-Mobbing.ch wird unterschieden zwischen Mobbing und Arbeitskonflikten. Per Definition heisst Mobbing, Menschen wiederholt und regelmässig zu schikanieren, zu quälen und seelisch zu verletzen mit dem Ziel, den Betroffenen auszuschliessen.» So etwas sei auf der Geschäftsstelle ganz sicher nie vorgekommen, so Gmür. «Ein Vorgesetzter muss aber Leistungen einfordern und Ziele setzen können.» Daraus könnten jedoch Arbeitskonflikte entstehen über Art und Weise der Umsetzung. Diesbezüglich bestehe bei einer Non-Profit-Organisation kein Unterschied zur Privatwirtschaft. Grosse Fluktuation wird beklagtDie Fluktuation auf der Geschäftsstelle Herisau sei gross, bemängeln die Helferinnen weiter. «Einige Mitarbeiter kündigten ganz klar wegen des Geschäftsstellenleiters.» Markus Gmür räumt ein, dass die Fluktuation tatsächlich zugenommen habe. In den letzten neun Jahren haben zehn Stellenwechsel stattgefunden, davon drei wegen Pensionierung oder Todesfall, drei Wechsel erfolgten innerhalb der Probezeit. Er gibt zu bedenken: «Jeder, der im Personalwesen arbeitet, weiss, dass es immer Seilschaften gibt, bei denen ein Abgang mehrere weitere nach sich ziehen kann.»Aufgrund der gegebenen Situation kehrten immer mehr Freiwillige der Pro Senectute den Rücken, sagt Daniela Lieberherr. «Es ist anzunehmen, dass sich Klientinnen und Klienten ebenfalls von der Pro Senectute distanzieren, da über Jahre ein Vertrauensverhältnis entstand.» Man müsse sich fragen, ob die Organisation nicht gefährdet sei, wenn zu viele freiwillige Helferinnen und Helfer ihren Vertrag mit der Pro Senectute auflösen. Diese leisten einen grossen Beitrag zum Wohlergehen der Organisation.«Wir können den Helferinnen rechtlich nicht verbieten, ihre Kunden mitzunehmen», sagt Markus Gmür. «Sie haben einen Vertrag, den sie auflösen können. Wir machen jedoch die Klienten darauf aufmerksam, dass in diesem Fall die Qualitätskontrolle und eine allfällige Schadensbehebung durch die Pro Senectute wegfällt.» Man müsse jedoch die Zahlen relativieren, denn es handle sich nur um einige wenige Helferinnen, welche jetzt aktiv geworden seine.Total seien rund 160 Personen als Freiwillige in verschiedenen Bereichen tätig, sagt Markus Gmür. «Wir erhalten aus diesem Kreis auch viele positive Rückmeldungen. Wir schauen unseren Freiwilligen gut.» Kein Vertrauen in Stiftungsrat «Vom Stiftungsrat hat man anlässlich eines Orientierungsanlasses den Eindruck erhalten, dass einige der Mitglieder eher desinteressiert sind und ihre Aufgabe nicht wirklich ernst nehmen», sagt Daniela Lieberherr. Alle Anfragen durch Freiwillige wurden mit dem Argument abgewimmelt, dass man an den Daten- und Persönlichkeitsschutz gebunden sei. Man habe auch festgestellt, dass nicht der ganze Stiftungsrat über den Fall im Detail informiert sei, obwohl dies mitgeteilt wurde. «Der Stiftungsrat hat seine Aufsichtspflicht nicht wirklich wahrgenommen. Das Vertrauen in den Geschäftsstellenleiter und Stiftungsrat ist nicht mehr gegeben.»Der Stiftungsrat sei zu jeder Zeit über den Fall orientiert gewesen, sagt Gmür dazu. Ausserdem habe man im Oktober einen Informationsanlass einberufen, in dem Geschäftsstellenleiter und der Stiftungsrat die Helferinnen informieren wollten. Auch in der Einladung zu dieser Infoveranstaltung habe Pro Senectute, so Gmür, auf die Tatsache hingewiesen, dass aus rechtlichen Gründen keine persönlichen Angaben gemacht werden würden. Stiftungsratspräsidentin Regula Eugster steht hinter dem Geschäftsstellenleiter: «Markus Gmür leitet die Geschäftsstelle seit 24 Jahren. Seine Aufgaben umfassen ausser Personalführung viele andere Bereiche. Wir sind mit seiner Arbeit sehr zufrieden.»