St. Margrethen 05.11.2022

Bei der Gravag klingelte diese Woche pausenlos das Telefon

Beim Gasversorger waren diese Woche drei bis vier Telefone wegen der Akontorechnungen dauerbesetzt. Per Oktober hat der Verkaufspreis nochmals einen Sprung nach oben gemacht: Die Vorausrechnung fürs neue Rechnungsjahr erreichte einen Höchststand.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 05.11.2022

Tatsächlich sind die erhobenen Rechnungsbeträge recht eindrücklich. Wer vor einem Jahr zum Beispiel noch unter 3000 Franken bezahlt hatte, sieht nun eine 5 als erste Ziffer.

Nicht nur die Gravag nimmt viele Anfragen entgegen, auch auf der Redaktion trafen einige Wortmeldungen ein. Die Grundaussage lautet so: Die Preiserhöhungen seien aufgrund der Entwicklung am Markt zu hoch bzw. es sei sogar eine Preissenkung angezeigt.

Die Grosshandelspreise sind zwar seit Anfang Oktober tatsächlich am Sinken, aber auf  hohem Niveau. Die Gravag hat gut zwei Drittel des Gases für diesen Winter seit April in verschiedenen Tranchen bis Ende September beschafft. Auf dieser Grundlage sei der Verkaufspreis ab 1. Oktober festgelegt worden, erklärt Gravag-Geschäftsführer Roger Schneider.

Gravag profitierte nicht von tieferen Preisen

Von den jüngsten Preissenkungen (wegen ungewöhnlich hoher Aussentemperaturen und gefüllter Speicher) habe die Gravag nicht profitieren können; im Gegenteil habe «teures» Gas zu tieferen Preisen am Markt verkauft werden müssen. Diese «Abverkaufsituation» habe den grössten Teil der europäischen Gasversorger getroffen, weshalb es überhaupt zu diesem «temporären» Preiszerfall gekommen sei.

Die Gravag geht davon aus, dass die Situation sich rasch ändert, wenn es kälter wird.

Für Kritik an der Preisgestaltung der Gravag werden viele Zahlen beigezogen, wobei auch mal Äpfel mit Birnen verglichen werden. Der mehrfach geäusserten Behauptung, die Erhöhung der Gravag-Preise sei deutlich höher als sie es aufgrund der Marktentwicklung sein dürfte, widerspricht die Gravag mit folgenden Zahlen (alle exkl. Mehrwertsteuer):

Marktpreis für Gasbeschaffung am 1. 2. 2021: 2,16 Rp/kWh
Marktpreis für Gasbeschaffung am 1. 10. 2022: 17,45 Rp/kWh
Gravag-Gasverkaufspreis am 
1. 2. 2021: 6,76 Rp/kWh
Gravag-Gasverkaufspreis am 1. 10. 2022: 19,73 Rp/kWh
Der Preis für die Energie-Beschaffung stieg somit um 15,29 Rp/kWh, der Gravag-Verkaufspreis um 12,97 Rp/kWh.

Dazu meint Roger Schneider: «Die Gravag hat also nicht einmal die volle Differenz der Marktpreise weitergeben müssen.» Dies sei einerseits auf den frühzeitigen Gas-Einkauf seit April 2022 zurückzuführen, andererseits werde laufend an der Optimierung der fixen Kosten gearbeitet.

Sollte der Rückgang der Beschaffungspreise nachhaltig sein, wäre laut Schneider «eine erste Anpassung der Verkaufspreise auf 1. Januar 2023 durchaus möglich».

Akontorechnung hat diesmal viele geschockt

Als vor ein paar Wochen die Schlussrechnung für das zurückliegende Jahr eintraf, blieb das grosse Staunen aus. Die St. Margrether Gravag hatte vorgesorgt: Als im Frühjahr die Preise für Gas stark gestiegen waren, bekam die Kundschaft eine zusätzliche Akontorechnung zugeschickt.

Nach dem Motto: Lieber gleich nachbelasten, dann erlebt der Kunde später nicht den grossen Schock. Tatsächlich waren dank der frühzeitigen Akonto-Zusatzsumme hohe Nachbelastungen in diesem Herbst kaum nötig.

Per Oktober hat der Gravag-Verkaufspreis aber nochmals einen Sprung nach oben gemacht. Das wirkt sich direkt auf die Vorausrechnung fürs neue Rechnungsjahr aus. Der Betrag auf der Vorausrechnung erreichte einen Höchststand.

Das war zwar für viele ein Schock, muss aber nicht heissen, dass die veranschlagten Zusatzkosten am Ende tatsächlich so hoch sind. Vielleicht wird der Winter mild, vielleicht heizen Gaskundinnen und -kunden zum Teil auch anders als mit Gas, vielleicht beherzigen sie die Sparappelle und senken die Raumtemperatur. Pro Grad, auf das verzichtet wird, lassen sich 6 Prozent Gas (und Kosten) sparen. Senkt jemand mit einer Jahresrechnung von 5000 Franken die Raumtemperatur von 24 auf 19 Grad, sinkt der Rechnungsbetrag auf 3500 Franken.

Wie auch immer: Die letzte Woche verschickten Akontorechnungen hatten zur Folge, dass es seit dem Montag bei der Gravag «nicht mehr ruhig» war, wie Geschäftsführer Roger Schneider bestätigt. Die Reaktionen der Kundschaft erlebe die Gravag als «recht intensiv», wobei eine fragende Haltung im Vordergrund stehe.

Guter Tipp: Im März Zählerstand melden

Einem Bernecker Privatkun­den, der den ihm verrechneten Akonto-Betrag für übertrieben hält (u. a. weil er bewusst spart), kam die Gravag ohne Umschweife entgegen. Davon ab­gesehen, dass der Gasbezug im bevorstehenden Jahr in mehr (nämlich sechs) Tranchen bezahlt werden kann, hat das St. Margrether Unternehmen ei­nen guten Tipp: Es empfiehlt:

Vielleicht nach vier Teilzahlungen im März 2023 den Zählerstand zu melden

Darauf könnte die Gravag je nach Preis- und Mengenentwicklung die Stornierung der noch nicht bezahlten Teilrechnungen vornehmen . Roger Schneider versichert: «Die Gravag ist keinesfalls darauf aus, dass bei ihr mehr Geld als nötig deponiert wird.»

Dass die Gravag im Vergleich zu anderen Gasversorgern teils eher höhere Preise verlangt, erklärt Roger Schneider vor al­lem mit der Notwendigkeit, als Privatunternehmen kostendeckend zu arbeiten. Ein Politentscheid, das Gas mit Verlust abzugeben, um das Portemonnaie der Gasbezüger zu schonen, kann für die Gravag nicht in Frage kommen. Das Rheintaler Unternehmen ist im Gegensatz zu manch anderem Gasversorger nicht Teil der öffentlichen Verwaltung.


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