An der Bürgerversammlung vom 24. November stellte Peter Schnell den Antrag, das Pilotprojekt «Durchfahrt Marktgasse einschränken» und die Kosten für den Bau von zwei Pollern in der Marktgasse zu streichen. Stadtpräsident Ruedi Mattle stellte fest, dass er diesen unklar formulierten Antrag so nicht annehmen könne, da er sich nicht direkt auf eine Budgetposition beziehe. Daraufhin bestätigte Schnell, dass er die budgetierten 30'000 Franken für die Poller gestrichen haben wolle. Der Antrag wurde angenommen. Auch von Frauen und Männern, die 2017 zuvorderst für eine autofreie Marktgasse gekämpft hatten.
Fragwürdig: Sich den Antrag im Nachhinein erklären lassen
Nun beginnt das Trauerspiel: Nach der Bürgerversammlung lädt Stadtpräsident Ruedi Mattle Peter Schnell in dieser Sache zum Gespräch. Schon dies allein ist ein demokratiepolitisch fragwürdiger Vorgang: Da lässt sich der Versammlungsleiter Tage nach der Bürgerversammlung von einem Votanten die richtige Interpretation seines Antrages erklären. Und jetzt sagt Schnell gegenüber dem Stadtrat plötzlich, dass er nicht nur die Poller weghaben, sondern dass er mit seinem Antrag auch die zeitlich befristete Durchfahrtsbeschränkung und die Aufhebung der acht Parkplätze verhindern wollte. Hätte Schnell bereits an der Versammlung seine Absicht transparent gemacht, wäre die Abstimmung anders rausgekommen.
Über die Aufhebung der Sperrung konnte gar nicht abgestimmt werden
Jetzt folgt in diesem Trauerspiel der zweite Akt: Der Stadtrat beschliesst nach dem Nein zu den Pollern und dem Gespräch mit Peter Schnell, die von ihm bereits in die Wege geleitete, zeitlich befristete Sperrung der hinteren Marktgasse für den Sommer 2023 wieder aufzuheben. Dieser Folgeschluss ist nicht nur politisch falsch, sondern auch rechtlich nicht durchsetzbar. Abgestimmt hat die Bürgerversammlung einzig über die Poller und nicht über die Umsetzung, Weiterführung oder Beendigung der zeitweisen Sperrung des Frauenhofplatzes. Denn darüber konnte im Rahmen der Budgetdebatte gar nicht entschieden werden. Kommt hinzu, dass die Budgetversammlung 2021 die zeitweise Sperrung der Marktgasse im Rahmen des Massnahmenpaketes fast einstimmig gutgeheissen hatte. Weder Peter Schnell noch der Stadtrat können sich jetzt über den Willen des Volkes hinwegsetzen.
Dass nach dem Rekurs gegen die im November erlassene Verkehrsanordnung des Polizeikommandos von zwei Immobilien-AG sich jetzt auch noch der Kanton mit dieser Sache befassen muss, passt zu diesem Trauerspiel.
Würden da nicht fundamentale demokratische Grundwerte verletzt, könnte man es als Hornberger Schiessen nach Altstätter Art bezeichnen. Zuerst wird an der Bürgerversammlung über einen unklar formulierten Antrag abgestimmt, dann wird Tage später der Antragsteller vom Stadtpräsidenten zu einem «klärenden Gespräch» eingeladen, woraufhin der Stadtrat ein erstes wichtiges Projekt aus dem vom Volk 2021 gutgeheissenen Konzept «Altstadtentwicklung» wieder schubladisiert. Hier wird auf skandalöse Weise Missbrauch an unserer direkten Demokratie betrieben.
a plus, Altstätten