03.09.2022

Bauwerk kämpft mit Holzpreisen

Der Parketthersteller musste die Preise mehrmals erhöhen - und will sich ganz aus Russland zurückziehen.

Von Kaspar Enz
aktualisiert am 02.11.2022
«Preisschwankungen hat es immer gegeben», sagt Peter Schmitter. «Da hat man die Preise um ein paar Prozent angepasst oder eine etwas tiefere Marge hingenommen.» Doch was im Laufe des letzten Jahres auf dem Holzmarkt passiert ist, habe es noch nie gegeben. «Wie ein Erdbeben», sagt der Finanzchef des Parkettherstellers aus St. Margrethen.Bereits letztes Jahr stiegen die Holzpreise stark an. «Nach Corona hat die Nachfrage stark angezogen», sagt Schmitter. Gegen Ende des Jahres erhöhte Bauwerk die Preise um zehn Prozent. Doch bald zeichnete sich ab, dass das nicht reichen würde. «Im Februar mussten wir die Preise noch einmal um zehn Prozent erhöhen.» Dann fiel die russische Armee in der Ukraine ein. «Russland ist für den europäischen Markt ein wichtiger Holzlieferant.» Und Holzlieferungen aus Russland waren bald von Sanktionen betroffen – von Seiten der EU wie von Russland selber.Raus aus RusslandDas betraf auch die Bauwerk Group. Zur Gruppe gehörte nicht nur eine kleine Verkaufsorganisation in Russland, sondern auch ein Sägewerk in der russischen Exklave Kaliningrad, das einst 100 Mitarbeitende beschäftigte. «Heute arbeiten dort noch rund 10 Mitarbeitende für den lokalen Markt», sagt Schmitter. Bauwerk wolle sich aus dem russischen Markt ganz zurückziehen. Die Verkaufsorganisation wurde aufgelöst.«Für die Sägerei suchen wir einen Käufer.» Eine Rückkehr auch nach einer allfälligen Aufhebung der Sanktionen sei aus heutiger Sicht ebenfalls kaum wahrscheinlich. Aufgrund der Unsicherheiten und der politischen Lage seien stabile Geschäftsbeziehungen mit Russland wohl auch mittelfristig nicht mehr möglich, sagt Schmitter.Die Bauwerk Group ist mit weltweit 2000 Mitarbeitenden zwar ein globaler Marktführer. Im ersten Halbjahr 2022 setzte die Gruppe mit den beiden Marken Bauwerk und Boen sowie der im Frühling hinzugekommenen US-Tochter Somnerset Hardwood Flooring 184,4 Millionen Franken um. Doch das Holz für die drei europäischen Werke der Gruppe in St. Margrethen, in Kroatien und Litauen stammte nur zu gut zehn Prozent aus Russland, sagt Schmitter.Auf neue Lieferanten ausgewichenSo war die Lücke klein genug, um sie mit anderen Lieferanten schliessen zu können. Bereits vor der Pandemie habe man damit begonnen, die Lieferketten zu diversifizieren. «Unser Holz beziehen wir vornehmlich aus Kroatien, Bosnien, Polen, Rumänien und dem Baltikum.» Doch die Preisaufschläge trieben auch hier die Preise in die Höhe. In den letzten Monaten kaufte die Gruppe sogar Holz in Frankreich und Deutschland. «Das wäre vorher zu teuer gewesen», sagt Schmitter. Insgesamt seien die Preise für Material seit Anfang 2021 um über 60 Prozent gestiegen.Ein Verzicht auf solche Preiserhöhungen habe man sich deshalb gar nicht leisten können. «Die Materialkosten machen rund 70 Prozent der Produktpreise aus», sagt Schmitter. Doch die nun 30 Prozent höheren Preise dämpfen die Nachfrage. So ist der Umsatz im ersten Halbjahr im Vergleich zur Vorjahresperiode um fast 20 Prozent oder 30 Millionen Franken gestiegen. Doch dabei handle es sich fast nur um den Effekt der Preiserhöhungen. «Das Volumen ist etwa dasselbe geblieben.»Auf einen Ausblick auf die nächsten Monate verzichtet die Gruppe in ihrer Mitteilung zum Halbjahresabschluss, «angesichts der angespannten Situation und den Unsicherheiten». Doch Schmitter hat Grund genug, eher skeptisch auf die nächsten Monate zu blicken. Die Nachfrage sei einerseits aufgrund der hohen Preise eher verhalten. «Die Kunden entscheiden sich vielleicht doch für einen anderen Bodenbelag oder warten mit einer Sanierung.» Andererseits steigen die Zinsen, was die Bautätigkeit dämpfen dürfte.Dass die Nachfrage sinken könnte, sehe man bereits in den USA. Hier übernahm Bauwerk diesen Frühling die Somerset Hardwood Flooring. Diese kämpfte im letzten Jahr mit den Preisen für Weichholz, die in den USA um 200 bis 300 Prozent gestiegen sind. Dieses wird als Unterlage für Parkettbeläge genutzt. Doch nun sinken die Preise wieder. «Das zeigt, dass die Nachfrage zurückgeht.»Zusammenarbeit mit US-Tochter verstärkenNoch arbeite die neue Tochter in Kentucky weitgehend unabhängig von der Zentrale in St. Margrethen, sagt Schmitter. «Auf nächstes Jahr machen wir uns daran, die Zusammenarbeit zu vertiefen, sodass wir voneinander profitieren können.» Im ersten Halbjahr hat Somerset rund 1,1 Millionen Franken an den Betriebsgewinn der Gruppe beigesteuert, der trotz der Turbulenzen von 20,8 auf 23,1 Millionen Franken stieg. Der Reingewinn stieg um 0,5 auf 11,7 Millionen. Um weiterhin stabile Ergebnisse zu erzielen, setze die Gruppe auf eine weitere Umsetzung der Preiserhöhungen und eine strikte Kostenkontrolle.

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