26.12.2021

Bauwerk bekommt neuen CEO

Klaus Brammertz übergibt die Führung des Parkettherstellers auf 1. Januar 2022 an Patrick Hardy. Aber er geht nicht ganz.

Von Andrea C. Plüss
aktualisiert am 02.11.2022
Als «Glücksfall fürs Rheintal» bezeichnete AGV-Rheintal-Präsidentin Brigitte Lüchinger den 62-jährigen Klaus Brammertz, als sie ihn 2020 mit dem Preis der Rheintaler Wirtschaft auszeichnet hatte. Der Umstand, dass der scheidende CEO dem Parketthersteller mit seinem Know-how erhalten bleibt – Brammertz wechselt auf das neue Jahr in den Verwaltungsrat – darf gleichermassen als Glücksfall für das Unternehmen bezeichnet werden. Die Halbjahreszahlen, die Bauwerk Ende September präsentierte, verdeutlichen: Der pandemiebedingte Einbruch im vergangenen Jahr konnte wettgemacht werden. Das Ergebnis übertrifft nicht nur dasjenige des ersten Coronahalbjahrs, sondern auch das Resultat des ersten Halbjahrs 2019. Das Gesamtjahresergebnis steht zwar noch aus, einmal mehr jedoch gelang es unter der Führung von Klaus Brammertz, das Unternehmen aus einer schwierigen Phase auf die Erfolgsspur zurückzuführen.Den Wechsel frühzeitig angekündigtDer personelle Wechsel in der operativen Führung erfolgt geplant. Frühzeitig hatte Klaus Brammertz die Eigentümer darüber informiert, mit etwa 63 Jahren den Posten als CEO abgeben zu wollen. Im Mai informierte das Unternehmen bereits über die Nachfolge in der Person von Patrick Hardy. Der gebürtige Niederländer ist mit einer Rüthnerin verheiratet und besitzt auch den Schweizer Pass. «Dank meiner Frau bin ich Bürger von Rüthi», sagt er. Ursprünglich habe er mit einem Aufenthalt von drei bis fünf Jahren in der Schweiz gerechnet, «jetzt sind es schon 25 Jahre – die Hälfte meines Lebens.»Vorher bei Bally, Swarovski und VictorinoxNach seinem Studium der Betriebswirtschaft, das er an der Erasmus-Universität in Rotterdam mit dem Master abschloss, arbeitete Hardy beim Schuhhersteller Bally, danach sieben Jahre beim Kristallverarbeiter Swarovski. 2010 wechselte Hardy zur Victorinox AG, wo er zuletzt als Verkaufsleiter und Mitglied der Geschäftsleitung tätig war.Patrick Hardy trat bereits im September ins St. Margrether Unternehmen ein, um eine nahtlose Übergabe zu gewährleisten. Mit Klaus Brammertz reiste er zu den Produktionsstätten, besuchte Vertriebsniederlassungen und lernte die Produktionsabläufe kennen. Die Lernkurve sei steil, so der 50-Jährige, der zum ersten Mal als CEO in einem Industriebetrieb tätig ist: «Es ist eindrucksvoll, was es alles braucht, um aus einem Baum Parkett zu machen.» Und fantastisch, dass dies Bauwerk effizient gelänge.Produkt und Marke sind für den Marketing- und Vertriebsspezialisten ausschlaggebend. Mit der Premiummarke Bauwerk könne er sich sehr gut identifizieren. Aktuell bestehende Unsicherheiten im Hinblick auf Rohstoffknappheit, Lieferschwierigkeiten, Logistik oder Preisdruck werden auch Patrick Hardy im kommenden Jahr beschäftigen. Er möchte erreichen, dass Bauwerk künftig «noch zügiger» auf diese Herausforderungen reagieren kann.Der gebürtige Niederländer wohnt mit seiner Frau und zwei Söhnen, die das Gymnasium besuchen, in Egg im Kanton Zürich. Er wird pendeln und, wenn nötig, im Rheintal übernachten. So habe er es auch während seiner Zeit bei Victorinox gehalten, das Unternehmen hat seinen Sitz in Ibach, Schwyz.Die Vorteile von Holz noch stärker betonenWo wird der neue Chef Schwerpunkte setzen? «Ich will die Kommunikation über die Vorteile des Parketts intensivieren und die Marketingaktivitäten in diese Richtung ausbauen», sagt Hardy. Bauwerk verkauft an Wiederverkäufer, aber es ist der Endkunde, der letztlich über ein Produkt entscheidet. Fachleuten müsse man den nachhaltigen Ansatz eines Fussbodenbelags aus Holz nicht mehr gross erläutern. Von der «grünen Welle» profitiert Bauwerk bereits jetzt, «sie hilft uns immens», sagt Klaus Brammertz. Nicht nur nachhaltig zu denken, sondern auch zu handeln, bekommt ein immer grösseres Gewicht. Neben Kork ist Parkett das einzige nachhaltige Bodenbelagsprodukt. Wachstumsmöglichkeiten bestehen aufgrund der Kaufkraft vor allem in westlichen Märkten. Zum Vergleich: Pro Kopf gibt es in der Schweiz dreimal so viel Parkett wie in Deutschland. Zu schaffen machen Bauwerk weniger die Mitbewerber aus dem «Holzlager» als die Anbieter anderer Bodenbelagsmaterialien. Allen voran LVT (Luxury Vinyl Tiles). Dabei handelt es sich um eingefärbte Plastikfliesen, in die eine Holzoptik eingeprägt wird. Gute LVT-Produkte suggerieren, es handle sich um Parkett, dabei werden sie künstlich hergestellt.Noch stärker herausstellen möchte Patrick Hardy in diesem Zusammenhang den Gesundheitsaspekt: Alle bei Bauwerk verwendeten Materialien wie Leim oder Lack sind Cradle-to-Cradle zertifiziert und gelten damit als materialgesund.Neue Aufgaben in AussichtKann sich der im süddeutschen Villingen-Schwenningen geborene Noch-CEO und Bald-Verwaltungsrat Klaus Brammertz ein Leben ohne 60-Stunden-Woche vorstellen? «Ich werde noch genug zu tun haben», versichert der 62-Jährige. Er bezeichnete sich bereits kurz nach seinem Zuzug 2001 als Fan des Rheintals und setzte sich auf vielfältige Weise für regionale Belange ein. Ein weiteres neues Amt soll im nächsten Jahr hinzukommen: Klaus Brammertz, seit 2010 im Vorstand des AGV Rheintal, wird im Frühjahr der Generalversammlung als Nachfolger von Präsidentin Brigitte Lüchinger zur Wahl empfohlen.Zurück auf dem WachstumspfadDie Bauwerk Group beschäftigt rund 1600 Mitarbeitende, davon 90 am Hauptsitz in St. Margrethen. Der Parketthersteller unterhält Produktionsstätten in Kroatien und Litauen, dazu ein Sägewerk in Kaliningrad sowie diverse Vertriebsniederlassungen. Bauwerk gehört in Europa zu den Top 3 der Parketthersteller. Der Umsatz im ersten Halbjahr 2021 betrug 153,8 Mio. Franken. Den pandemiebedingten Einbruch im Vorjahr konnte das Unternehmen mit einem Plus von 25 Mio. Franken damit wettmachen. 

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