02.11.2018

Bauer gegen Anwalt: Runde 7

Seit Jahren streiten sich ein Landwirt und eine Anwaltskanzlei. Am Dienstag standen die Parteien erneut vor dem Kreisgericht.

Von Kurt Latzer
aktualisiert am 03.11.2022
Kurt LatzerDer Grund für den langen Streit sei, weil wegen mangelhafter Arbeit des Anwalts dem Bauern ein grosser Schaden entstanden sei. Es sei ein ungewöhnlicher, laut Anwalt der beklagten Partei unnötig verlängerter Fall, verbunden mit einem unverhältnismässig grossen Aufwand. Inklusive der Verhandlung am Dienstag standen die Kontrahenten zum siebten Mal vor Gericht.Indirekter Auslöser des seit Jahren dauernden Rechtsstreits war eine Erntemaschine. Ein Rheintaler Landwirt hatte sie in Frankreich bestellt. Sein Anwalt sollte sicherstellen, dass die Maschine rechtzeitig bis zum Erntebeginn ankommt, andernfalls die Herstellerfirma auf Schadenersatz verklagen. Weil die Lieferung ausblieb, konzentrierte sich das beauftragte Anwaltsbüro auf die Vertragserfüllung und die Lieferung der Maschine. Ohne den Anwalt zu informieren, kaufte der Landwirt eine Occasions-, danach eine neue Maschine. Er änderte seine Taktik und verlangte von seinem Anwalt die Sistierung des ersten Klagepunktes und das Eintreiben von Schadenersatz bei der französischen Firma.Kein Schadenersatz wegen mangelhafter ArbeitAn der Gerichtsverhandlung im April 2016 sagte der beklagte Rechtsanwalt, er habe die seiner Meinung nach aussichtsreiche Hauptklage, die Lieferung der Maschine, auf Wunsch seines Mandanten zurückgezogen. Oh­ne Hauptklage aber sei der zweite Punkt, die Klage auf Schadenersatz, juristisch aussichtslos. Deshalb und wegen des gestör­-ten Vertrauensverhältnisses zwischen seinen Mitarbeitenden und dem Landwirt, sei der Anwalt von diesem und allen anderen bei ihm laufenden Mandaten des Landwirts zurückgetreten. Der Landwirt war nach der Kündigung des Mandats der Meinung: Nur die mangelhafte Arbeit seines Anwalts habe ihm die Schadenersatzforderung bei der französischen Herstellerfirma verunmöglicht. Deshalb verklagte der Bauer das Advokaturbüro auf 500000 Franken Schadenersatz, zuzüglich fünf Prozent Zins.Abklärungen zum Ernteausfall für die KatzBereits während der Verhandlung vor über zweieinhalb Jahren war vieles widersprüchlich, unter anderem die Berechnung der Schadenhöhe. Deshalb wurden nach dem Verhandlungstermin vor der Zivilabteilung des Kreisgerichts Rheintal umfangreiche Abklärungen durchgeführt. Un­ter anderem wurden zum Thema Ernteausfall 16 Zeugen angehört. Am Dienstag kam dann die Überraschung: Der Anwalt des Klägers sagte, sein Mandant verzichte auf die Entschädigung für den Ernteausfall, verlange hingegen eine Entschädigung für den Mehraufwand bei der Ernte.Die Gegenpartei nahm dies zur Kenntnis. Weil sich die umfangreichen Ermittlungen mit all den Zeugenbefragungen nun als überflüssig erwiesen hätten, forderte der Anwalt der Beklagten das Gericht auf, den Mehraufwand dem Kläger zu belasten. Anschliessend widmete sich der Anwalt des beschuldigten Advokaturbüros den Zeugenaussagen. Seiner Meinung nach belegten die Aussagen die Unglaubwürdigkeit des Klägers. Von einem fehlenden Kaufvertrag für die Occasionsmaschine und unterschiedlichen Angaben über Ernteflächen, Entschädigungen von beauftragten Landwirten bis hin zu Ungereimtheiten in der Buchführung, die Ernteerträge und Fremdarbeiten betreffend, war die Rede. Von Beginn an habe es der Kläger auf einen möglichst grossen Profit abgesehen gehabt. Die Klage sei abzuweisen.Nach etwa zweieinhalb Stunden war die Verhandlung beendet, ein Urteil gab es nicht. Wie der Richter sagte, könnten die Parteien im November mit dem schriftlichen Urteil rechnen.

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