Max TinnerDass sich am Doppelhaus an der Obergasse 4 und 6 unter mehreren Farb- und Putzschichten Malereien befinden, ist seit Mitte der 1990er-Jahre bekannt. Nun, wo Daniel Fischlin, der Hauseigentümer, das Haus renoviert, lässt er den Restaurator Mauro Ferrari die originalen Malereien aus dem 18. Jahrhundert freilegen. «Bei den abgedeckten Malereien handelt es sich um typische Barockmalereien», stellt Ferrari fest. Sie seien schon lange vor der letzten grossen Renovation überdeckt worden. Jedenfalls sei ihm noch nie eine Abbildung des Hauses untergekommen, auf denen die Malereien abgebildet gewesen wären.1995 entstanden die aktuell noch sichtbaren Malereien, die allerdings anders aussehen als die ursprüngliche Verzierung. Es entsprach dem ästhetischen Gutdünken des damaligen Renovators, hatte aber kaum eine Ähnlichkeit mit der ursprünglichen Barockmalerei, erklärt Mauro Ferrari.Eine fast detektivische ArbeitNach dem Entfernen des Deckputzes legt er nun die ursprünglichen Malereien frei, zunächst grob mit einem gelartigen Lösungsmittel, danach in Feinarbeit mit destilliertem Wasser. Eine knifflige Arbeit: «Die Kunst ist, nicht zu viel wegzunehmen, grad so viel, dass man die Malerei sieht», sagt er.Es ist erstaunlich, in welch gutem Zustand die Kalkmalerei unter dem Verputz erhalten geblieben ist. Bevor die Fassade renoviert wird, vermisst Mauro Ferrari die freigelegten Malereien und legt sich eine detailgetreue Kartierung an. «Das ist eine regelrecht detektivische Arbeit», sagt er, «aber grad deshalb ist sie so spannend.» Anhand des Plans wird er dann die ursprünglichen Formen auf den frischen Putz übertragen, so dass sich den Passanten das Haus danach fast wieder so präsentieren wird, wie zur Zeit, als es gebaut worden war.Günstiger macht diese Arbeit die Renovation freilich nicht. Und auch die Innenrenovation fällt wegen der reichen historischen Bausubstanz aufwendig aus. «Ich sehe das als meinen Beitrag ans Ortsbild», sagt Daniel Fischlin dazu. Tatsächlich wird das Doppelhaus aus denkmalpflegerischer Sicht als wertvoll erachtet. In einem Bericht von 1991 bezeichnet es der damalige kantonale Denkmalpfleger Pierre Hatz als «erstklassiges Zeugnis des barocken Wohnbaus in Altstätten».Handelshaus, Schule, Druckerei …Geschichte Das Doppelhaus an der Obergasse 4 und 6 wurde nicht immer als Wohnhaus genutzt. Ursprünglich hatte es auch noch einen dritten Flügel an der Obergasse 2, welcher vor rund 50 Jahren abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt wurde. Erbaut wurden die drei Häuser, die äusserlich als Einheit erschienen, 1769 als Handelshaus für die beiden verschwägerten Kaufleute Johann Melchior Labhardt und Johann Mathias Naeff. Als Baumeister wird Johann Jakob Haltiner vermutet, der (zusammen mit seinem Sohn) auch die heutige katholische Kirche gebaut hat.Von 1819 bis 1885 diente der stattliche Bau als evangelisches Primarschulhaus. Später wurde es von der Buchdruckerei Rheintalische Volkszeitung als Lager genutzt. 1983 kaufte die Gemeinde das Haus dem Verlag ab. Offenbar hatte die Stadtverwaltung bereits damals zu wenig Platz im mittlerweile abgebrochenen Rathaus. Man erwägte jedenfalls, die beiden Häuser an der Obergasse 4 und 6 für Büros der Verwaltung zu nutzen. Weil dann doch darauf verzichtet wurde, verkaufte die Stadt 1994 das Haus wieder.Der heutige Eigentümer, Daniel Fischlin, kaufte es 2002 der Bank Coop ab, welche es im Jahr zuvor im Zuge einer betreibungsrechtlichen Versteigerung übernommen hatte. (mt)