10.07.2021

BAG lässt Appenzeller Firma warten

Die Racordiax AG liegt wegen der Zulassung ihres Antikörper-Schnelltests im Clinch mit den Behörden.

Von Margrith Widmer
aktualisiert am 03.11.2022
Margrith Widmer Kein Nasenbohren, keine Spuckerei, kein Labor: Mit einem CE-zertifizierten, digital gestützten Antikörper-Schnelltest kann mit einem Blutstropfen in zehn Minuten der gesamte Covid-19-Infektionsstand analysiert werden. Die BacTrace BioTec AG mit Sitz in München und die Racordiax AG in Weissbad AI haben einen solchen Test entwickelt. Nur: Die Firmen warten seit Monaten auf eine Antwort des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Der Racordiax-Covid-19-Antikörpertest wird durch künstliche Intelligenz (KI) unterstützt: «Mit unserem innovativen Testverfahren können beliebig viele Menschen gleichzeitig verlässlich getestet werden», sagt der CEO der BacTrace BioTec AG, Walter Miedl. Die digitale Anbindung ermögliche es, die Testergebnisse unmittelbar anonym zu erfassen und das Infektionsgeschehen zu managen. Dazu sind nur ein Testset und ein Smartphone nötig. Der Racordiax-Test analysiere in zehn Minuten die Hauptantikörperklassen IgM, IgG und IgA und sagt aus, ob eine Person nicht infiziert, infiziert, in Genesung oder bereits genesen ist, so Walter Miedl. Bund rät von Antikörpertests ab Seit Januar dieses Jahres bemüht sich die BacTrace BioTec AG vergeblich um eine Aussage zur Zulassung des CE-zertifizierten Tests in der Schweiz. Bisher gab es laut Miedl keine Antworten auf Briefe, E-Mails oder Anrufe ans BAG. «Wir haben nachgefragt beim Rechtsdienst des BAG. Wir wollten wissen, weshalb Schnelltests vom BAG nicht empfohlen werden und wieso bisher keine Antikörper-Schnelltests validiert wurden.» Von BAG-Mediensprecher Daniel Dauwalder sei folgende Antwort gekommen: «Ein Antikörpertest weist eine durchgemachte Erkrankung nach. Da jedoch weder der Zeitpunkt der Infektion noch die Ausprägung einer möglichen Schutzwirkung festgestellt werden kann, sind die Antikörpertests vom Bund nicht empfohlen.» Es sei auch nicht möglich, ein Genesenen-Zertifikat für eine Auslandreise aufgrund eines positiven Antikörpertests zu erhalten, da die EU dies aus oben genannten Gründen ablehne. «Damit Tests vom Bund vergütet werden, muss einerseits eine Konsequenz für den individuellen Fall bestehen, andererseits sollte ein erwiesener Nutzen für die öffentliche Gesundheit bestehen. Wir sehen unter dieser Prämisse aktuell keine Situationen für eine prinzipielle Indikation von serologischen Tests. In Einzelfällen im klinisch-diagnostischen Umfeld können Antikörpertests aber hilfreich sein.» Mit dieser Antwort zeigt sich Walter Miedl nicht einverstanden. Er sagt: «Wir fragen uns, warum die Tests laut BAG durch ein ‹anerkanntes Labor› durchgeführt werden müssen, wenn laut Mitteilung der Europäischen Kommission vom 15. April 2020 Hersteller Produkte zur Eigenanwendung oder Selbsttests anbieten können.» Grundsätzlich werde die Dauer des Immunschutzes hinterfragt, aber nicht der Nachweis der neutralisierenden Wirkung von Antikörpern. Neutralisierende Antikörper seien ein wichtiger Bestandteil der Immunität nach einer Infektion, der vor erneuter Infektion schützt. Der Racor-diax-Test weise das Immunglobulin A (lgA) nach. Eine der wichtigen Fragen betrifft laut Miedl derzeit die Dauer eines Immunschutzes, den eine Infektion mit SARS-CoV-2 hinterlässt. Eine Antwort sei derzeit noch nicht möglich. «Doch eine Untersuchung der neutralisierenden Wirkung der Antikörper bei Betroffenen aus der ersten Welle der Pandemie könnte erste Hinweise liefern.»Impfen alleine ist keine Lösung Zum Nutzen der Antikörpertests verweist Walter Miedl auf den Präsidenten des Robert-Koch-Instituts, Lothar H. Wieler. Dieser ist der Ansicht, dass die Ergebnisse der Antikörperstudien von grosser Bedeutung sind, um den Verlauf und die schwere der Pandemie genauer abzuschätzen und die Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen besser bewerten zu können.» Wenn breit angelegte Antikörperstudien zur Bekämpfung der Pandemie so wichtig seien, warum werde dann ein in Deutschland und in der Schweiz entwickelter sowieso vom deutschen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) registrierter Test seit Monaten in der Schweiz ignoriert, fragt sich Miedl. Mit dem Racordiax-Test könnten alle relevanten Haupt-Antikörperklassen nachgewiesen werden. Einige Immunexperten kritisierten die mangelnde Datenlage und gingen davon aus, dass ein dritter ‹Schuss› oder regelmässige Nachimpfungen nötig sein würden. «Mit Impfen allein ist das Problem nicht gelöst», ist Miedl überzeugt. Er hofft, dass das Bewusstsein für den Nachweis von schützenden Antikörpern bald steigen werde. «Dann kann unser Produkt einen Beitrag zur Pandemiebekämpfung leisten.»

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