Wenn auf Kantonsstrassen eine neue Bushaltestelle eingerichtet wird, so soll dafür wenn immer möglich eine Haltebucht gebaut werden. Dies hat der Kantonsrat 2018 mit dem Beschluss des aktuellen Strassenbauprogramms festgelegt. Der Altstätter CVP- Kantonsrat Michael Schöbi – er ist auch Präsident des TCS Rheintal – hat aber den Eindruck, dass sich das Tiefbauamt des Kantons nicht an diese Vorgabe hält. In einem Vorstoss, den er Ende November zusammen mit weiteren Kantonsräten eingereicht hat, wies er auf neue Fahrbahnhaltestellen an Orten hin, wo seiner Ansicht nach genügend Platz für den Bau einer Haltebucht gewesen wäre.Die nun vorliegende Antwort der Regierung bestätigt Schöbis Wahrnehmung. Seit besagtem Kantonsratsbeschluss wurde demnach mit der Projektierung von 107 Haltekanten begonnen. (Die meisten Haltestellen haben zwei Haltekanten, eine pro Fahrtrichtung.) 36 dieser Haltekanten bekamen (oder bekommen noch) eine Haltebucht, bei den anderen 71 wird der Bus auf der Strasse halten.Tatsächlich sind zurzeit noch 174 weitere neue Haltestellen in Arbeit, mit deren Planung schon vor besagtem Kantonsratsbeschluss begonnen worden ist. Sie sind noch nicht fertig, weil sie Teil grösserer Projekte sind, etwa Strassenraumgestaltungen. Zählt man diese Haltestellen dazu, kippt das Verhältnis noch deutlicher auf die Seite der Fahrbahnhaltestellen. Das steht nach Michael Schöbis Ansicht in krassem Missverhältnis zum Kantonsratsbeschluss: «Wenn der Kantonsrat sagt ‹wenn möglich›, so kann dies keine Rechtfertigung dafür sein, nur jede dritte oder vierte neue Haltestelle mit einer Haltebucht zu bauen», protestiert er.Baut man Buchten, müssen sie viel länger sein als früherDie Regierung begründet den hohen Anteil Fahrbahnhaltestellen unter anderem damit, dass die Haltekanten behindertengerecht und deswegen erhöht gebaut werden müssen. Wegen der Höhe der Haltekante kann der Bus aber mit der Ecke vorne rechts den Randstein nicht überstreifen. Neue Busbuchten müssen deswegen länger gebaut werden als früher, damit die Busse von der Strasse in die Bucht ausfahren können. Für einen Gelenkbus müsse eine solche Haltebucht 70 Meter lang sein, hält die Regierung fest. Dieser Platz stehe in vielen Fällen nicht zur Verfügung.Michael Schöbi lässt dieses Argument nur bedingt gelten. «Für die Bedürfnisse der Behinderten muss man unbedingt schauen, darüber muss man gar nicht diskutieren», sagt er, «es fahren aber längst nicht überall Gelenkbusse, wo Fahrbahnhaltestellen anstelle von Haltebuchten eingerichtet werden.» Sprich: Vielerorts würden nach Ansicht Schöbis kürzere Haltebuchten durchaus genügen.Hinter dem Beschluss des Kantonsrates, dass auf Kantonsstrassen für neue Bushaltestellen möglichst Buchten zu bauen sind, steht die Forderung, dass der Autoverkehr möglichst nicht behindert werden soll. Ist jemand allerdings oft mit dem Velo statt mit dem Auto unterwegs, kann er auf der Fahrbahn haltenden Bussen durchaus Positives abgewinnen: Es sei für einen Velofahrer nicht gerade angenehm, wenn er an einem in einer Bucht haltenden Bus vorbeifahre und er wenig später von ebenjenem überholt werde, besonders nicht, wenn sich dies über eine längere Strecke mehrfach wiederhole, sagt Michael Städler von Pro Velo St. Gallen- Appenzell. Besonders bei hohem Verkehrsaufkommen ergebe sich aus einer Fahrbahnhaltestelle eine sicherere Situation.Auch die Verkehrsunternehmen wissen Fahrbahnhaltestellen zu schätzen. Man sei zwar froh um die eine oder andere Haltebucht, und sei es um dort warten zu können, wenn man in Randstunden gelegentlich zu früh dran sei, erklärt Hans Koller von Bus Ostschweiz/RTB Rheintal Bus. «Gäbe es aber nur noch Haltestellen mit Buchten, liesse sich der Fahrplan und im Besonderen der Anschluss an die Bahn vielerorts nicht mehr einhalten», hält er fest.Dafür hat Michael Schöbi durchaus Verständnis. Er appelliert an den Anstand der Autofahrer: «Wenn ein Bus in der Haltebucht steht und der Chauffeur den Blinker setzt – dann hält man an und lässt den Bus raus!»