06.11.2019

«Ausstellung des Grauens»

Michael Zellweger mit neuen Zeichnungen und Gabi Felber mit Figuren nehmen quasi eine Jubiläumsfeier vorweg.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Gert Bruderer1922 wird es hundert Jahre her sein, dass Friedrich Wilhelm Murnau seinen Stummfilmklassiker Nosferatu drehte, den ersten Vampirfilm schlechthin. Dem seit fünf Jahren in Kriessern lebenden Altstätter Michael Zellweger hat die Figur es angetan. Sie steht wie keine andere für Licht und Dunkelheit und passt zu des Künstlers Leidenschaft, vergnüglich Grenzen auszuloten, nicht nur in der Kunst, auch im täglichen Leben. Mit selbstgewissem Blick auf das Vergängliche und einem Hauch von Faszination für das Morbide hat der 55-Jährige den berühmten Leinwandvampir zu Papier gebracht.Schon im Herbst 2011, im Keller des Bernecker Lindenhauses, zeigte der Künstler an einem verlängerten Wochenende bei Kerzenlicht Nosferatu-Bilder. Allerdings war es an jenem Ort in jener Zeit so feucht, dass Zellweger, nachtaktiv wie die Vampire, am Ende jedes Tages die Werke ins Trockene brachte, um ihren frühen Zerfall zu verhindern.Vampire ausZeitungspapierAls Mitgestalterin der neuen Ausstellung wirkt Gabi Felber, eine gelernte Medizinische Praxisassistentin, die zweimal wöchentlich ihrem Vater Geri Aigner in dessen Atelier beim Restaurieren, Vergolden, Malen, Polieren, Schleifen und ein bisschen auch beim Schmieden hilft.Ihre Sympathie für Menschen bringt Gabi Felber sogar mit den Nosferatu-Figuren zum Ausdruck – aus Zeitungspapier geformte Vampire, die dank ihrer besonderen Machart weniger Schrecken als Warmherzigkeit ausstrahlen.Die dreidimensionalen Werke Gabi Felbers kontrastieren mit den schwermütigen Zeichnungen Michael Zellwegers, die Nosferatus innere Zerrissenheit erahnen lassen und sich als konsequente Fortsetzung eines künstlerischen Weges erweisen. Stationen dieses Weges waren in jüngster Zeit je eine Ausstellung in Buchs und im St. Galler Nextex vor drei Jahren.Gabi Felber, die 2017 im Stellwerk in Heerbrugg ausstellte, hat ihre Blutsauger-Miniaturen sehr feinsinnig gefertigt und mit einem morbiden Charme ausgestattet, der auch den Zeichnungen Zellwegers eigen ist.In den dünnen Fingerchen der Figuren steckt ein sehr feiner Draht, um das Zeitungspapier und die Drähte ist kunstvoll naturgefärbtes Kahari- Papier gelegt. Die Haare bestehen aus Fellresten, die Mantelknöpfe aus Nägeln, und wie Gabi Felber in die Augenhöhlen ihrer Figuren winzige Holzkugeln hineindrückt, «da mösstisch filme», sagt Michael Zellweger. Eindrücklich lassen speziell die Zähne aus Seidenpapier die Feingliedrigkeit der Figuren erkennen.Bleistift, Kohleund SkalpellDas bevorzugte Arbeitsgerät der einstigen Praxisassistentin ist – sie lächelt, als sie es erwähnt – das Skalpell.Michael Zellweger verwendet für seine Zeichnungen Bleistift und Kohle. Gegenüber der Ausstellung in Bernecks Lindenkeller, wo eine «Symphonie des Grauens» die Interessierten erwartete, steht nun eine «Ausstellung des Grauens» bevor. Mit ihren Bildern und Figuren (die das Gegenteil von grauenhaften Werken sind) gönnen Zellweger und Felber sich – bei allem Nosferatu-Horror – auch ein bisschen augenzwinkernden Humor.HinweisVernissage: Sa, 16. Nov., 18 bis 20 Uhr, «Sitegass», Altstätten.

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