19.09.2018

Auslandschweizer nicht vergessen

«Mer Uslandschwizer sind ploged, ploged und nomol ploged», sagte Josef Wespe an der Hauptversammlung der SVP Costa Rica. «Dieselsepp», wie er von vielen genannt wird, lebt seit 13 Jahren in Mittelamerika.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Gert BrudererDie SVP Costa Rica, die der ehemalige Altstätter Unternehmer (NFA Nutzfahrzeuge AG) präsidiert, ist eine von vier Sektionen der SVP International. Von deren 400 Mitgliedern macht ein Zehntel in der SVP Costa Rica mit.Im fernen Land sind aber nur ein paar wenige Mitglieder wirklich daheim. Allerdings: Der Anteil aller im Ausland lebenden Schweizer ist mit insgesamt gut zehn Prozent der Schweizer Bevölkerung beachtlich. Bei der SVP Costa Rica machen, abgesehen von den Auslandschweizern, vor allem im Rheintal tätige Unternehmer mit.Seit es die SVP Costa Rica gibt, also seit 2011, findet jährlich die Hauptversammlung in Kriessern auf der Schützenwiese statt. Diesmal war das am letzten Freitag – und somit am Vortag des Nationalfeiertages von Costa Rica (was allerdings reiner Zufall war).Die «Schweiz Mittelamerikas», wie Costa Rica gern bezeichnet wird, ist seit 15. September 1821 unabhängig von Spanien und hat den Ruf, im Umwelt- und Klimaschutz zu den Vorreitern zu zählen. So stamme nahezu der ganze Strom aus sauberen Quellen, wie in der «Luzerner Zeitung» im Juni zu lesen war. Unternehmer und Investoren übten allerdings Druck aus, damit die Vorschriften gelockert würden, hiess es.Der Grund für den Beitrag über Costa Rica war die Fussball-WM, an der die Schweiz in der Gruppenphase zuletzt gegen die mittelamerikanische Republik antrat. In diesem entscheidenden Spiel erreichte sie ein 2:2, was den Einzug in den Achtelfinal bedeutete.Auslandschweizer haben gewisse Nachteile»Umweltschutz?Fortschrittliches Land?Ruhig und demokratisch?Sepp Wespe stellte das völlig anders dar. Vor den zwei Dutzend Parteimitgliedern beklagte er Drogenhandel, Autodiebstähle und Korruption. Es werde immer schlimmer, sagte er. Auch sei Costa Rica ein sehr teures Land geworden.Diese letzte Aussage relativierte der Oberrieter Nationalrat Roland Rino Büchel (ein Vorstandsmitglied der 1992 gegründeten SVP International), und die eigens mit ihren zwei Hündchen Porgy und Bess von Bern nach Kriessern gekommene SVP-International-Präsidentin Inge Schütz sieht nicht ganz so schwarz wie der ausgewanderte Altstätter, der die Auslandschweizer «ploged, ploged und nomol ploged» sieht.Dass etwa jemand, der in Costa Rica sein Zuhause hat, in der Schweiz kein Auto lösen könne, sei insofern folgerichtig, als umgekehrt auch niemand im Ausland ein Auto lösen könne, wenn er hierzulande angemeldet sei, erklärte Inge Schütz.Aber: Ja, Auslandschweizer hätten durchaus ein paar Nachteile, für deren Beseitigung die SVP International sich einsetze. Eine dieser Bemühungen scheiterte allerdings: Postfinance liess sich nicht verpflichten, ihre Dienstleistungen auch Auslandschweizern anzubieten. Roland Rino Büchel erinnert sich: Der Zürcher FDP-Nationalrat und Bankmanager Hans-Peter Portmann sei im Parlament aufgestanden und «hät tue wia än Wilde», worauf das Begehren zugunsten der Auslandschweizer knapp abgelehnt worden sei.Ein anderes vorrangiges Thema betrifft Abstimmungen und Wahlen in der Schweiz. Wenigstens Auslandschweizer sollten doch elektronisch abstimmen dürfen, meint Josef Wespe. Nur vier Kantone hatten diese Möglichkeit bei den letzten Nationalratswahlen gewährt – Basel Stadt, Genf, Luzern und Neuenburg. Als das Mindeste erwartet Dieselsepp die Zustellung der Abstimmungsunterlagen per E-Mail, was Zeit sparen und fern lebende Auslandschweizer nicht von der Teilnahme an Abstimmungen ausschliessen würde; für die Beförderung von Briefen zwischen der Schweiz und einem Land wie Costa Rica verstreiche einfach zu viel Zeit.Inge Schütz und die SVP International leisten namhafte Schützenhilfe und hoffen, dass auch bei den nächsten Nationalratswahlen eine Liste für Auslandschweizer zustande kommt. Dass 2015 als erster Auslandschweizer-Nationalrat ausgerechnet der ehemalige SP-Spitzendiplomat Tim Guldimann gewählt wurde, hatte allerdings keine helle Freude der SVP International ausgelöst.Schwander will Macht der Kesb beschränkenFreude bewirkte hingegen am Freitag die Anwesenheit namhafter Spitzenkräfte in Kriessern. Neben Nationalrat Büchel und SVP-International-Präsidentin Schütz waren auch der in Gams lebende Vize Roman Rauper sowie der Oberrieter Kantonsrat Markus Wüst und der aus dem Kanton Schwyz angereiste Nationalrat Pirmin Schwander vertreten.Schwander nutzte seine Auftrittsmöglichkeit, um für die eidgenössische Volksinitiative «Eigenständiges Handeln in Familien und Unternehmen» zu werben. Der Nationalrat nannte es juristisch fragwürdig, dass heute die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) Massnahmen treffen, also jemanden zum Beispiel in ein Heim einweisen könne, und sich erst dann vom Beschwerderecht Gebrauch machen lasse.Im Übrigen «sollten nicht Eltern aufgrund einer anonymen Gefährdungsmeldung den Beweis erbringen müssen, dass in ihrem Heim alles im Sinne des Kindes zugeht, sondern am Staat läge es, eine Schuld nachzuweisen».Mit Blick auf die Interessen von Auslandschweizern bezog sich der Nationalrat auf eine vier Jahre zurückliegende Kesb-Intervention. Die Familie habe sich mit einem Umzug ins nahe Ausland dem Eingriff entzogen, doch als die Eltern vor zwei, drei Monaten in die Schweiz zurückkamen, um ihr Haus zu verkaufen, hätten sie den Fehler gemacht, die Kinder mitzunehmen, worauf die Kesb sofort reagiert und die Kinder umplatziert habe.3000 Franken für Schulen in NicaraguaVon Josef Wespe bekamen die beiden Nationalräte Büchel und Schwander eine Flasche Rum aus Costa Rica überreicht. Beschenkt werden aufgrund eines einstimmigen Beschlusses auch Schulen im bürgerkriegsgebeutelten Nicaragua: Zwei Drittel ihres gegenwärtigen Vermögens, also rund 2000 Franken, verwendet die SVP Costa Rica für Schulmaterial, wobei die Summe sich am Ende dank privater Zusatzbeträge auf etwa 3000 Franken belaufen dürfte.Diese Art von Unterstützung ist auch Nationalrat Roland Rino Büchel lieber als teure Entwicklungshilfe, die schon für die Löhne hiesiger Beamten Unsummen verschlinge.

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