21.02.2020

Aus Rollenerwartungen ausbrechen

Von Uwe Rohloff
aktualisiert am 03.11.2022
Jeder Mensch ist von Gott mit einer wunderbaren und vielfältigen Persönlichkeit ausgestattet worden. Aber je nach Lebenssituation können wir wegen der Erfordernisse unseres Lebens oder wegen eigener Hemmungen nur einen Teil unserer Persönlichkeit ausleben. Die Fasnachtszeit bietet uns die Möglichkeit, andere Aspekte unserer Persönlichkeit hervortreten zu lassen und spielerisch Rollen einzunehmen.Im Alltag müssen wir vie-le Rollenerwartungen erfüllen: Wir agieren im Alltag als Kind, Mutter, Vater, Freund, Kollege, Angestellter oder Selbstständiger und vieles mehr. Mit all diesen Rollen sind Erwartungen verbunden, die uns ein Stück weit vorschreiben, wie wir uns zu verhalten haben. Ein Teil der Freude am Verkleiden kommt davon, diesen Alltagsrollen zu entfliehen. Wir können selber aussuchen, welche Rollen wir spielen wollen – ob wir als Engel oder Teufel, Pirat, König oder Bettler auftreten wollen. Wir können nur wenig aktivierte Bereiche unserer Persönlichkeit in den Vordergrund stellen. So könnte jemand, der sonst immer bescheiden auftritt, an der Fasnacht mal als König auftreten, oder jemand, der im Leben eine gesellschaftlich wichtige Rolle einnimmt, in einer sehr einfachen Verkleidung unterwegs sein. Auch im Gebetsleben lassen wir uns oft von Erwartungen führen. Wir benutzen Gebete, von denen wir meinen, wir sollten sie beten. Sicher sind vorgefertigte Gebete eine gute Sache, um die eigenen Gedanken auf Gott hin zu sammeln. Und auch die Fürbitte und das Lesen in der Bibel sind ein wichtiger Teil des Gebetslebens. Aber oft ist es auch im Gebetsleben wichtig, aus Rollenerwartungen auszubrechen und ganz sich selbst sein zu dürfen. Je nachdem wie man sich fühlt, kann man sich beim Beten aufs Sofa legen, singend durchs Haus laufen, spazieren gehen oder auf dem Boden liegen. Und man darf ganz ehrlich in sich hineinhorchen und alles, was man an Gefühlen, Sehnsüchten, Sorgen, Ängsten und Freuden in sich vorfindet, vor Gott bringen. Gott weiss sowieso alles über uns, auch die dunklen Seiten und alles, was in unserem Unbewussten schlummert. Von daher können wir vor Gott alle Masken ablegen und radikal ehrlich sein. Alles, was wir in unserem Innern vorfinden, können wir im Gebet vor ihn bringen und ihm übergeben, damit er uns reinigen und innerlich heilen kann. So können wir die Fasnachtszeit nicht nur nutzen, um uns am Verkleiden zu erfreuen, sondern wir können uns auch für unser Gebetsleben inspirieren lassen, um auch dort weniger Rollenerwartungen zu erfüllen und in unserer Verbindung mit Gott mehr unsere ganze Persönlichkeit ins Spiel zu bringen.Uwe RohloffStellenleiter akj Rheintal

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