11.06.2021

Aus Deponie wird Naturparadies

Auf dem Areal der Deponie Unterkobel leben Dohlen, Rehe und Gämse – auf 70 000 m2 entsteht ein Lebensraum.

Von Ralph Dietsche
aktualisiert am 03.11.2022
Ralph Dietsche Deponien eilt ein schlechter Ruf voraus. Entsprechend schwierig ist es, neue Standorte zu finden. Im Kanton St. Gallen kommt es bald zu Engpässen. Die zweitgrösste Typ-B-Deponie ist voll. Nur noch wenige Restkubaturen werden in der Deponie Unterkobel in Oberriet angenommen. Diese werden für Anpassungsarbeiten im Gelände verwen-det. Während über 20 Jahren wurden hier grosse Mengen an Bauschutt und Aushubmate-rial eingebaut – insgesamt rund zwei Millionen Kubikmeter. Dies entspricht einer Menge von 150 000 Lastwagen. Angeliefert wurde das Material hauptsächlich aus dem Gebiet von Rorschach bis Buchs und vom Appenzeller Vorderland. Zu Spitzenzeiten lieferten Lastwagen im Drei-Minuten-Takt ihr Material an.Inzwischen ist es ruhiger auf dem Areal der Robert König AG. Betriebsleiter Rolf Lüchinger kümmert sich nun hauptsächlich um die Abschlussarbeiten. Sprich: Die Pflege und den Unterhalt des sieben Fussballfelder grossen Grundstücks am Fusse von Kobelwald. Angestrebt wird grösst-mögliche ArtenvielfaltAuf der Deponiefläche wird angestrebt, die grösstmögliche und langfristig zu erhaltende Artenvielfalt aufzubauen. «Für die Gelbbauchunken zum Beispiel haben wir während der Bauzeit künstliche Tümpel als Lebensraum angelegt. Jetzt wurden grössere, natürliche Gewässer erstellt», erklärt Roger Dietsche, Technischer Baubegleiter der Wälli AG Ingenieure.Wie ein Augenschein zeigt, sind diese Tümpel bereits wieder belebt. Auch andere Tiere, Insekten und Pflanzen fühlen sich wohl. Von der Zauneidechse über die Ringelnatter bis hin zur Dohle – einer Vogelart, deren grösste Kolonie im Kanton sich auf dem Areal der Robert König AG befindet. «Es sind nur noch drei Kolonien bekannt: eine beim Schloss Rapperswil, die andere beim Schloss Blatten in Oberriet und unsere in der Felswand oberhalb der Deponie», erklärt Dietsche. Damit die Vögel geeignete Nistplätze haben, wurden bereits vor acht Jahren durch die Naturschutzkommission Nistkästen montiert. Anfangs lebten drei Paare in der Felswand, heute sind es 31. Deponieprojektmit Vorzeigecharakter«Die Deponiefläche ist ein Vorbild für die Region. Weitere Deponieprojekte im ganzen Kanton können von der Planung bis zur Endgestaltung von den in Oberriet gemachten Erfahrungen profitieren», sagt der ökologische Baubegleiter Jonas Barandun von der Ökonzept GmbH in St. Gallen.Die Entwicklung der Artenvielfalt im Gelände zeigt das enorme ökologische Potenzial des Deponiestandorts. Durch die enge Vernetzung mit umliegenden Wäldern und Steillagen ergibt sich eine Aufwertung der Naturwerte in der weiteren Umgebung. Um die Entwicklung dauerhaft zu sichern, braucht es weiterhin eine fachliche Begleitung und den ständigen Austausch mit Betreiber und Bewirtschafter. Vorläufig kümmert sich das Team der Robert König AG um die Pflege des Deponiestandortes.Im obersten Teil der Deponie Unterkobel präsentiert sich die Magerwiese bereits in voller Pracht. Bei der Begehung zeigt sich, dass sich hier auch Rehkitze sicher und wohl fühlen. Im mittleren Teil der Deponie wächst eine Magerweide und im untersten Teil ist wiederum eine Magerwiese. Besonders steile Flächen werden aufgeforstet. Auch dies soll möglichst natürlich erfolgen. So wurden vor ein paar Monaten etwa 40 Kilo Eicheln und neun Kilo Edelkastanien im dafür vorgesehenen Bereich verteilt. Erste kleine Eichelbäume wachsen bereits heran, über 150 Bäume und 100 Wildsträucher wurden gepflanzt.Ökologische Ausgestaltung erfolgt freiwilligGrundsätzlich hätte die Robert König AG als Deponiebetreiberin nur zehn Prozent der Fläche ökologisch gestalten müssen. Da sich das Gelände zum grössten Teil im Besitz der Deponiebetreiberin befindet und dieses an topografisch idealer Lage ist, wurde entschieden, die ganze Deponiefläche als ökologisch wertvolle Fläche zu gestalten. Roger Dietsche sagt: «Natur- und Artenschutz gehören zu meinen grössten Hobbys. Hier konnte ich mein Hobby zu meinem Beruf machen.»

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