30.12.2021

Aus christlicher Sicht zum neuen Jahr: Auf und los!

Das hört sich recht sportlich an. Was haben wir nicht alles im vergangenen Jahr 2021 loslassen müssen, statt dass wir loslaufen konnten.

Von Ingrid Grave, Dominikanerin in Illanz
aktualisiert am 02.11.2022
Sogar im Sport hat «Madame Corona» Bremsen gezogen. Und abseits vom Sport? Um über die alltäglichen Run­-den zu kommen, mussten wir manche Sprünge machen. Jeder Sprung bedeutet zunächst Herausforderung. Da stehe ich plötzlich vor einer Barriere. Wo ist der Knopf, wo ist der Hebel, den ich betätigen müsste, damit sich die Barriere hebt? Keine Chance. Knopf oder Hebel werden von ei­ner mir unbekannten Schaltstelle aus bedient. Das Virus macht mit mir, was es will. Das waren unsere Alltagserfahrungen.Die vermeintliche Schaltstelle könnte ja auch eine Leerstelle sein, an die wir einfach hingeraten sind aufgrund von Virus und Pandemie. Vielleicht eröffnet sich genau an dieser Leerstelle ein Denkraum für uns, in dem wir uns unseren verdrängten Warum-Fragen stellen können. Warum diese Hemmnisse, warum jetzt, warum global? Wozu existiert die Menschheit? Warum bin ich, und warum habe ich ein Leben? Meine Existenz, nur ein gelungener Zufall! Oder eher ein misslungener?  Das Schwere oder Leichte in meinem Leben – nichts anderes als Schicksal! Oder gibt es am Ende doch irgendeine für uns unvorstellbare Intelligenz, die in diesem von uns erlebten Chaos den Durchblick behält? Vielleicht sogar eine von Liebe erfüllte Existenz? Wenn ich den Mut habe, mich an dieser gefühlten Leerstelle meinen existenziellen Fragen zu stellen, dann kann sich seltsamerweise die Leere füllen, ohne dass ich akustisch-hörbare Antworten bekomme. Unsere Psyche hat Ohren für diese lautlose Sprache, die aus der Stille und aus der Leere kommt. Die Antworten lassen sich nicht her­beizwingen. Sie sind Geschenk. Wahre Geschenke kommen nicht auf Bestellung. Um all das weiss die Mystik und spricht von Gott als von einer liebenden Existenz, die gleichwohl präsent ist in den Stunden und Tagen, wo wir nur ihre Abwesenheit fühlen. Ist all dies viel zu kompli­-ziert für den Durchschnittsmenschen, der sich auch im kommenden Jahr durch den Pandemie-Alltag zu quälen hat? Es geht um die Akzeptanz. Wahre Mystikerinnen und Mystiker haben ihre Leerstelle akzeptiert und gleichzeitig oft ein enormes Arbeitspensum bewältigt.Mir bleibt die Wahl: Ich kann meine Leerstelle ignorieren oder mich entscheiden, bewusst und geduldig mit ihr unterwegs zu sein.    Machen wir uns auf – morgen, am ersten Tag im neuen Jahr!  

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