30.07.2021

Aus christlicher Sicht: Utopia will die Minderheiten schützen

In der Stadt Utopia hatte die Landsgemeinde einer Initiati-ve Wohlwollender zugestimmt, alle Stufen und Treppen abzuschaffen. Nur noch rollstuhlgängige Rampen waren erlaubt. Auch in den Häusern.

Von Philipp Hautle, Rebstein
aktualisiert am 03.11.2022
Aus Rücksicht auf die Farbenblinden wurde auch beschlossen, die Verkehrsampeln rot-gelb-grün zu entfernen und durch einfach blinkende Warnlichter zu ersetzen. Die Fussgängerstreifen wurden weiss. Ebenso beschlossen wurde, dass die Zeitungen von Utopia die grammatikalischen Artikel – der, die, das – nicht mehr verwenden dürfe. Volk, Bäume, Mond, Sonne, Ausländer und Gott freuten sich.Nur der alte Schuster Maximilian hatte sich an der Landsgemeinde dagegen zu Wort gemeldet. «Ein Realist hat ein Ideal vor sich! Ein Idealist aber hat die Realität hinter sich gelassen! Ich bin gegen diese superidealen Anträge. Da wird der Minderheitenschutz zur Minderheitendiktatur! Und wo wir uns zu Engeln machen, werden wir zu Teufeln!»Es half nichts. Maximilian wurde überstimmt. Aus Rücksicht auf Menschen, die von Platzangst geplagt werden, finden die Sonntagsgottesdienste in Utopia nun auf dem Kirchplatz vor der Kirche statt. Von weitem bleibt über dem Eingang der Kirche das Wort aus der Bergpredigt zu lesen: «Seid vollkommen, wie Euer Vater im Himmel vollkommen ist!» (Mt. 5, 48).Am Nationalfeiertag nimmt der Pfarrer von Utopia darauf Bezug. Er verweist dabei auch auf ein Gleichnis Jesu: «Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der guten Samen auf seinen Acker säte. Während nun die Leute schliefen, kam sein Feind, säte Unkraut unter den Weizen und ging wieder weg. Als die Saat aufging und sich die Ähren bildeten, kam auch das Unkraut zum Vorschein. Da gingen die Knechte zu dem Gutsherrn und sagten: ‹Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät?› Woher kommt dann das Unkraut? Er antwortete: ‹Das hat ein Feind von mir getan.› Da sagten die Knechte zu ihm: ‹Sollen wir gehen und es ausreissen?› Er entgegnete: ‹Nein, sonst reisst ihr zusammen mit dem Unkraut auch den Weizen aus. Lasst beides wachsen bis zur Ernte. Wenn dann die Zeit der Ernte da ist, werde ich den Arbeitern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber bringt in meine Scheune›.» (Mt. 13, 24 – 30).Ich bete an unserem Nationalfeiertag für uns alle um Weisheit, damit wir weiter Gutes wagen, ohne in utopische, idealistische Übertreibungen zu fallen.

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