23.12.2020

Aus christlicher Sicht: Trotzdem Licht

Immer, wenn das Dunkle, das Schwere über uns hereinbricht, brauchen wir einen Aufheller, einen Aufsteller.

Von Ingrid Grave
aktualisiert am 03.11.2022
Manchmal müssen wir es uns in unserer Einsamkeit selbst sagen: Richte dich auf, es gibt trotzdem Licht! Und manchmal will uns das Aufrichten trotzdem nicht gelingen. Wir brauchen jemanden, der uns aufrichtet oder uns sagt: Schau, siehst du den zarten Lichtschein nicht?So gibt es in diesem Jahr der Pandemie zu Weihnachten ein ökumenisches Projekt, an dem wir uns, vor unserem Computer sitzend, beteiligen können: Trotzdem Licht.Seelische Niedergeschlagenheit und inneres Dunkel haben die Menschen aller Zeiten durchleben müssen. Aber auf ein technisches Hilfsmittel konnte man nicht zurückgreifen, um tröstende Worte oder Gesänge zu hören. Umso einsamer muss sich vor 2000 Jahren das junge Paar gefühlt haben, das in Bethlehem auf der Suche war nach einer Unterkunft für die Nacht. Vergeblich.Das ist umso dramatischer, weil die schwangere Maria ihre beginnenden Wehen verspürte. Der Mann und die Frau, sie schafften es noch bis zu einem Stall … Jährlich werden wir an diese Geschichte – frei von jeder Idylle – erinnert.Vielleicht hatte Josef für den langen Fussmarsch nach Bethlehem eine Stalllaterne mitgenommen. So gab es für die Geburt in der Dürftigkeit des Stalles trotzdem Licht. Unter diesen Umständen hat die erste Weihnacht stattgefunden. Wir in unserem materiellen Wohlergehen haben uns in der weihnächtlichen Zeit an eine Überfülle von Licht gewöhnt. Darauf brauchen wir auch dieses Jahr nicht zu verzichten. Doch da gibt es noch das andere, das «unsichtbare» Licht, das unsere Herzen erhellt: Die Nähe von lieben Menschen, das persönliche Überreichen von kleinen Aufmerksamkeiten, das Miteinander im feierlichen Gottesdienst der Heiligen Nacht. Das alles bringt Licht in unsere Herzen. Und genau das ist eingeschränkt auf ein Minimum.Wir leben nicht gern mit dem Minimum. Aber vielleicht lernen wir dieses Jahr, wie viel wertvoller die ganz einfachen «unsichtbaren» Lichter sind für ein müdes, trauriges Herz.Lichter, die wir jederzeit selbst entzünden können, vorausgesetzt, dass wir achtsam sind: Ein gutes Wort, ein freundlicher Weihnachtswunsch, eine Frage nach dem Wohlergehen …Trotzdem-Lichter, damit Weihnachten stattfindet.Ingrid Grave, Dominikanerin in Zürichwww.trotzdemlicht.ch

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