Aus christlicher Sicht: Reif für die Insel

Gibt man diese vier Worte bei Google ein, kommt man in die 80er-Jahre und nach Österreich. Der junge Wiener Liedermacher Peter Cornelius schrieb 1982 einen Schlager mit dem Titel «Reif für die Insel»: «I bin reif, reif, reif, reif für die Insel. I bin reif, reif, reif überreif . . .» Seitdem wird diese Redewendung verwendet, um individuelle Urlaubsreife zum Ausdruck zu bringen.Weiter fündig wird man im Digitalen auf einer Seite, die sich Synonymen dieser Redewendung widmet. Dort findet man unter Nummer 43 in alphabetischer Reihenfolge angeführte Begriffe ähnlicher Bedeutung u. a.: abgeschlafft, am Ende, ausgebrannt, der Akku ist leer, erholungsbedürftig, erledigt, erschlagen, fix und fertig, in den Seilen hängend, kraftlos, nichts geht mehr, schlapp, wie gerädert.In diesen Tagen fühlen sich viele Menschen reif für die Insel. Hinter uns liegt ein anstrengendes Jahr. Verzicht und Einsamkeit, Social Distancing und Lockdown haben Kraft und Energie gekostet. Bei einigen kamen existenzielle Sorgen dazu: Wird der Betrieb die Verluste überstehen? Werde ich meinen Job im nächsten Jahr noch haben? Familien mit Kindern mussten Homeoffice und Schulalltag unter einen Hut bringen, ein mitunter nervenzehrendes Manöver.Auch in der Bibel gibt es Geschichten von Menschen, die sich reif für die Insel gefühlt haben. Nachdem er das Volk Israel auf Gottes Geheiss aus der Sklaverei geführt hat, kommen die Menschen täglich zu Mose und bitten um Rat. Mose ist am Ende seiner Kräfte. Viele Jahre später sitzt der Prophet Elia ähnlich müde und ausgebrannt unter einem Ginsterstrauch und bittet Gott, ihn zu sich zu nehmen. Er kann nicht mehr.Beiden Männern wird Hilfe zuteil. Mose befolgt den Rat seines Schwiegervaters Jitro, nicht alles allein zu machen, sondern Arbeit abzugeben. Heute spräche man von delegieren: Mose setzt Richter ein, weise Männer und Frauen, die Recht sprechen sollen. Auch Elia erfährt Hilfe: Ein Engel Gottes bringt ihm zu essen und zu trinken, Elia kommt wieder zu Kräften und wirkt weiter als Prophet.Vor wenigen Tagen hat der Sommer begonnen. Die Ferien stehen vor der Tür. Es ist nun auch für uns Zeit, die Akkus wieder aufzuladen. Manch einer fährt dazu tatsächlich auf die Insel und lauscht der stetigen Brandung der Meereswellen, manch eine erholt sich in der Natur, beim Wandern und Spazierengehen und eine Dritte geniesst die Ferien zu Hause mit einem guten Buch oder was ihr sonst das Herz erfreut. In diesem Sinne wünsche ich uns allen einen schönen Sommer und gute Erholung!Sabine Gritzner-StoffersPfarrerin in Heerbrugg