Offensichtlich ja. Denn so verstehen wir heute die Lebensgeschichte unseres Landesvaters Niklaus von der Flüe. Der 25. September ist der Festtag von Bruder Klaus, den es mit 50 Jahren in den Ranft gezogen hatte – seitdem ein Kraftort für viele Menschen.Zuvor war Niklaus zwei Jahre lang krank gewesen. Es heisst: Dämonen hatten ihn in die Dornen geworfen, sein 18-jähriger Sohn fand ihn dort. Dorothee und sie alle machten sich grosse Sorgen, der Sohn musste praktisch die Arbeit allein tun auf dem grossen Bauernhof. Als der Vater dann aufbrach am Gallustag, nach vielen Gesprächen und Gebeten, mit grossen Hoffnungen und mit Tränen, Richtung Elsass – Liestal – dann Klysterlialp: Es wurde sein Weg der Befreiung, der Freiheit, der Heilung von seiner Krankheit. Ganz für Gott und weg von der Welt, das wollte er. Aber! Als Ratgeber wurde er unersetzlich. Nicht nur für den Jüngling von Burgdorf. Als Mutmacher. Als Friedensstifter. Als Mahner zur Gerechtigkeit. Als Beter für die vielen, die ihn darum baten. Und die haben erfahren: Beten hilft, Beten bewirkt etwas. Der Segensgruss von Bruder Klaus morgens nach der Messe aus dem kleinen Fenster seiner winzigen Einsiedelei bedeutete den Menschen etwas: «Ich wünsch’ euch einen guten, glückseligen Morgen, ihr lieben Leut’!» – Dass man die Zahl der Hilfesuchenden bei Bruder Klaus, dem Weltflüchtigen, beschränken musste: Das ging auf die Anordnung der Behörden zurück, das war nicht seine Initiative.Wie sonst hätte Bruder Klaus, der Beter und Gottsucher in der Einsamkeit, ausgerechnet die «Werke der Barmherzigkeit» in sein Gebetsbild hineinmalen lassen? Hungernde speisen, Kranke und Gefangene besuchen, Fremde aufnehmen usw. Dieses Bild war ihm wichtig; er hatte es selbst so in Auftrag gegeben; es war seine Bilderbibel; vor diesem Bild hat er meditiert, gebetet, stundenlang.Drei Pfeile führen in die Mitte. Oder sind es drei Dornen? In der Mitte findet sich Jesus Christus. Drei Pfeile führen aus der Mitte zur Welt hin und den Menschen.So hat Niklaus immer neu sein «Einig Wesen» leidenschaftlich gesucht und im Suchen hat er es gefunden. Sein grosses Du, wo alle Zerrissenheit, alles Hin und Her, alle Zwietracht überwunden sind: «Denn all’ Fried’ ist in Gott; Gott ist der Fried.»Schön wäre es, wenn die Erinnerung an Bruder Klaus lebendig bleiben würde, sie uns zur Gerechtigkeit ruft, und wenn sein «Einig Wesen» all’ unsere Zerrissenheiten überwinden kann.Reinhard PaulzenPastoralassistent in Heerbrugg