19.02.2021

Aus christlicher Sicht: Hoffnung in der Ohnmacht finden

Lockdown, Shutdown, Pandemie sind alles Begriffe, die wir bis vor kurzem nicht gekannt haben. Nun gehören sie zu unserem gängigen Wortschatz dazu.

Von Andreas Brändle
aktualisiert am 03.11.2022
Aber sie haben etwas Unangenehmes, Schwieriges an sich. Am liebsten würden wir die Wörter und ihren Inhalt aus unserem Leben verbannen.Eingeschlossen sein, wie in einem Gefängnis, macht uns ohnmächtig und niemand ist gern ohnmächtig. Allerdings gibt es in der Kirchengeschichte Personen, die gerade aus einer solchen ohnmächtigen Situation heraus anderen Menschen viel Hoffnung zukommen liessen.Der erste ist der Apostel Paulus. Er sass oft hinter Gittern, war eingesperrt und sehnte sich nach anderen Menschen, nach seinen Mitstreitern und der Gemeinde. Im Römerbrief schreibt er: «Bedrängnis schafft Ausdauer, Ausdauer aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung.» Also gerade im Schweren drin, durch das Schwere hindurch, aus dem Schweren heraus kann Hoffnung wachsen. Allerdings geschieht das nicht automatisch. Damit aus der Bedrängnis heraus tatsächlich Hoffnung wächst, ist es entscheidend, auf was wir schauen. Hoffnung entsteht, wenn wir in die Zukunft schauen und das Gegenwärtige nicht als das Endgültige akzeptieren.Der andere berühmte Eingesperrte war Martin Luther King, der einmal in einer Rede sagte: «Komme, was mag, Gott ist mächtig. Wenn unsere Tage verdunkelt sind, so wollen wir stets daran denken, dass es eine grosse segnende Kraft gibt, die Gott heisst.Gott kann Wege aus der Ausweglosigkeit weisen. Er will das dunkle Gestern in ein helles Morgen verwandeln – und zuletzt in den leuchtenden Morgen der Ewigkeit.» In vielen Bibelstellen wird darauf hingewiesen, dass Gott uns eine Zukunft und damit Hoffnung geben will.Der dritte berühmte Eingesperrte war Dietrich Bonhoeffer, der deutsche Theologe, Pfarrer und Widerstandskämpfer gegen das Naziregime. Seinen wahrscheinlich bekanntesten Text hat er in einer Situation verfasst, in der er ziemlich sicher war, dass er sein Gefängnis nicht mehr lebend verlassen würde. Er wurde immer wieder von Zweifeln und Anfechtungen geplagt und schrieb das auch auf.Trotzdem entschied er sich immer wieder für das Vertrauen auf Gott und damit für die Hoffnung, selbst wenn er vielleicht nicht aus der leidvollen Situation herausgeholt würde. In dieser Situation schrieb er den Text, der seiner Familie und unzähligen Menschen bis zum heutigen Tag viel Hoffnung gibt:«Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar, so will ich diese Tage mit euch leben und mit euch gehen in ein neues Jahr.»Andreas Brändle, Pfarrer in Diepoldsau

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.