26.03.2021

Aus christlicher Sicht: Herrlich(keit)

Beim Einzug Jesu in Jerusalem herrscht eine begeisterte Stimmung. Endlich ist er da! Am Strassenrand stehen die Fans. Nicht mit Transparenten, wie man das von heute kennt, doch mit Palmzweigen und lautem Freudenjubel.

Von Renato Tolfo
aktualisiert am 03.11.2022
Er wird den Mächtigen das Fürchten lehren und sie vom Thron stürzen. Das Volk wird von den Unterdrückern befreit. Gott wird seine Herrlichkeit aufstrahlen lassen.Wird Jesus diese Erwartungen erfüllen? Nicht lange wird es dauern und er wird einen qualvollen Tod sterben, begleitet von Demütigung und Schande. Am Kreuz, dem Zeichen von Gottverlassenheit, wo man schwere Verbrecher hinrichtet, wird sein Leben ein Ende finden. Verpönt, ausgelacht, verlassen.Jesus weiss, dass seine Reise zum Passahfest sein Ende herbeiführen wird. Wie sieht er dem entgegen? Was macht er? – Er wendet sich an Gott und betet: «… verherrliche deinen Sohn» (Joh 17, 1). Das kann er am Vorabend seiner Kreuzigung doch nicht ernst meinen.Was für ein Gegensatz: Diese Bitte Jesu auf der einen Seite und dagegen der sterbende Jesus am Kreuz. Das scheint überhaupt nicht zusammenzupassen. Das ist entweder völlig unsinnig, oder Gottes Herrlichkeit ist ganz etwas anderes, als man sich darunter vorstellt. Gott verherrlicht sich nicht durch grosse Tapferkeit, nicht indem sich Jesus dieser Welt entzieht und sich mit Macht den Herrschenden entgegenstellt, sondern im leidenden Jesus am Kreuz.Gottes Herrlichkeit – kein Superheld, sondern der sterbende Jesus.Dieser Blick auf Gottes Herrlichkeit stellt unseren Blick auf die Welt völlig auf den Kopf. Vieles ist bei uns herrlich:Ein herrlicher Tag ist selbstverständlich ein Tag voll Sonnenschein – und was ist ein Gewitterregen?Ein herrliches Zuhause ist ein stilvoll eingerichtetes Haus oder eine Wohnung – was ist eine Lehmhütte in irgendeinem afrikanischen Dorf?Ein herrliches Leben ist selbstverständlich das Leben eines erfolgreichen Menschen, der umjubelt wird – und das Leben einer alleinerziehenden Mutter von drei Kindern?Gottes Herrlichkeit ist nicht das, was wir so gerne von ihr erwarten. Sie steht geradezu im Gegensatz zu unseren Herrlichkeiten.Der Weg zu Gottes Herrlichkeit lässt sich nur in Jesu Leiden und Sterben finden. Gott ist niemand, der sich in glitzernden Palästen versteckt. Er weiss, was es heisst, Schmerzen zu haben und Durst. Er hat das selbst gespürt. So ist er uns ganz nahe.Gerade, aber nicht nur, in Schmerzen und Trauer, wenn wir schwach sind und eine Niederlage wegstecken müssen, sind wir ganz in Gott geborgen.Renato Tolfo, Pfarrer in Rebstein

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