Wahrscheinlich liegt das am vielen Sauerstoff, den man abbekommt. Oder am ganz eigenen Zauber, fast im Freien zu liegen und die Natur so direkt zu spüren. In der Bibel gibt es viele Geschichten, in denen ein Zelt eine Rolle spielt, weil die alten Israeliten nach der Überlieferung ja Nomaden oder Halbnomaden waren und mit ihren Herden von Ziegen und Schafen durch die Wüste und das Kulturland zogen.Abraham zum Beispiel wohnt im Zelt. Er tritt nachts aus seinem Zelt, sieht den Sternenhimmel und hat eine Gottesbegegnung. Gott verspricht ihm Nachfahren so viel wie Sterne am Himmelszelt. Nach damaliger Vorstellung war der Himmel ein Gewölbe, ähnlich einer grossen Kuppel, an der die Gestirne Sonne, Mond und alle Sterne aufgehängt waren. Also ein Himmelszelt. Als das Volk Israel durch die Wüste zieht, spielt auch ein besonderes Zelt eine Rolle. Gott befiehlt nämlich am Sinai den Menschen, ein Zelt mit symbolischen Massen zu bauen, das extra für die Bundeslade gedacht ist, die Kiste, in der die Steintafeln mit den Zehn Geboten aufbewahrt werden sollen.Ein Zelt für Gottes Gesetz, ein Zelt, das ein Heiligtum ist. Ein beweglicher Heiliger Ort – unterwegs mit den Menschen auf ihrem Weg. Es gibt bei den Nomaden viele verschiedene Arten von Zelten. Im Vorderen Orient hat sich das sogenannte Schwarze Zelt durchgesetzt: ein rechteckiges Zelt aus schwarzem Ziegenhaar. Das Ziegenhaar lässt bei Hitze keine Sonne durch, aber Luft und Wind. Wenn es regnet, quillt es auf und wird wasserdicht. Eine praktische Angelegenheit für jedes Wetter.Im arabischen Raum hat es sogenannte Qubbas gegeben, das sind runde Zelte. Und genau wie Salomos Tempel nach dem Vorbild eines rechteckigen Nomadenzeltes gebaut ist, wurden Moscheen in der Kuppelform einer Qubba gebaut. Keine Frage, Gott wohnt in einem Zelt.Siehe, sagt die Offenbarung des Johannes, das Zelt Gottes bei den Menschen, sie werden sein Volk sein und er ihr Gott. Ein Gott, der im Zelt bei uns wohnt. Mobil. Der uns begleitet wie sein Volk damals in der Wüste, wie Abraham bei seiner Auswanderung. Der bei uns sein und uns behüten will, leicht wie ein Zelt, aber stabil und pragmatisch.Ich finde den Gedanken schön. Und denke ich daran, wie ich so gut im Zelt geschlafen und so schön geträumt habe, frage ich mich, ob im Alten Testament so viel von Träumen die Rede ist, weil man im Zelt mehr träumt. Das Zelt ist dann vielleicht so etwas wie ein Ort der Offenbarung Gottes. Aber das wäre dann eine neue Predigt.Andrea Hofacher, Pfarrerin in Marbach