15.04.2022

Aus christlicher Sicht: Die Katastrophe und das Halleluja

Vielleicht haben Sie irgendwo in einer Kirche schon einmal an einem österlichen Gottesdienst teilgenommen. Dann wissen Sie, wie ein Halleluja klingt. Doch warum hat sich dieses Halleluja – es stammt aus der jüdischen Tradition – bis heute in vielen Varianten erhalten?

Von Ingrid Grave, Dominikanerin in Ilanz
aktualisiert am 02.11.2022
Die Christenheit hat es in einer Vielfalt von Kulturen und Sprachen in ihre Liturgien zur Osterzeit aufgenommen. Es ist das Halleluja nach einer Katastrophe.Vor zwei Jahrtausenden hat die Hinrichtung Jesu stattgefunden, für seine Freunde und Freundinnen katastrophal: Durch diesen Tod verloren sie den Kopf ihrer Gruppe. Aufgrund seiner hervorragenden menschlichen Qualitäten hatten sie in ihm einen wahren Freund gefunden, der ihnen Zukunft eröffnet hatte, ein Leben in Würde und Gerechtigkeit. Sie hatten sich – trotz der abwehrenden Haltung Jesu – Hoffnungen gemacht für die politische Befreiung ihres Volkes. Diese Hoffnung war dahin. Ein Trauma für alle, die ihn geliebt hatten, Männer und Frauen. Dass es sich zweifellos um die Hinrichtung eines Unschuldigen handelte, steigerte nur das Ausmass der Tragödie.Doch dann, wenn wir weiterlesen in der Bibel, gibt es die Berichte von der Auferstehung des Gekreuzigten. Im wahrsten Sinne des Wortes unglaubliche Berichte. Ich gebe mir jetzt keine Mühe, diese Erzählungen so aufzubereiten, dass jene unter Ihnen, die nicht daran glauben, sich bedrängt fühlen könnten. Es ist eine Frage der persönlichen Entscheidung, ob ich mich für die Möglichkeit eines Auferstehens in ein weiteres Leben innerlich öffnen will oder nicht. Doch vergessen wir nicht: Es gibt auch ein Auferstehen im Jetzt. Das genau haben die traumatisierten Freunde und Freundinnen Jesu erlebt. Nicht sofort. Aber bald danach, als sie ihn als Auferstandenen «gesehen» hatten. Die-ses souveräne «Fürchtet euch nicht», das er zu ihnen spricht – das bricht ihr Trauma auf!Die Auferstehungsberichte sind nicht zu lesen wie Protokolle. Es sind innerste Erfahrungen, die sich in unserem eigenen Leben auf diese oder jene Art wiederholen können.Leonhard Cohen (1934 bis 2016), Musiker, Poet und Gottsucher, war jüdischer Abstammung. Sein Leben führte ihn durch unsagbare Höhen und Tiefen. Wohl einer seiner eindrücklichsten Songs ist sein Halleluja: Schmerz, Melancholie, Tröstung, Zuversicht – alles in einem. Halleluja, ein Auferstehungssong, Lobpreis Gottes, Ausdruck grösster Freude und Erleichterung!Wann dürfen wir mit den Menschen der Ukraine aus tiefstem Herzen das Halleluja singen?

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