28.06.2019

Auf nach Kalifornien

Mit Stephanie Egger fährt erstmals eine Schweizerin zum prestigeträchtigsten Turnier im Grappling. Sie bereitet sich intensiv auf den Wettkampf in den USA vor.

Von Sarah Fäh
aktualisiert am 03.11.2022
Sarah FähDer Kampf Frau gegen Frau. Wer verliert, verliert, da gibt es keine Ausreden. Das ist es, was Stephanie Egger am Kampfsport reizt. Die Verantwortung über Sieg oder Niederlage liegt bei ihr. Die 30-Jährige kämpft seit einigen Jahren in den Mixed Martial Arts, kurz MMA. Diese Sportart ist ein Mix aus vielen verschiedenen Kampfsportarten wie Judo oder Kickboxen, in der so gut wie alles erlaubt ist. Ein Teil der MMA ist das Grappling, das sich inzwischen auch zu einer eigenen Sportart entwickelt hat. Auch dort zählt Egger zur Elite. Zum Grappling gehören Wurftechniken und der Bodenkampf, der hauptsächlich aus dem brasilianischen Jiu-Jitsu besteht. Ziel ist es, den Gegner mit Hilfe verschiedener Würfe und Griffe, wie beispielsweise einem Würgegriff, auf den Boden zu bringen und zur Aufgabe zu zwingen. Dabei geht es nicht um rohe Gewalt, sondern vielmehr um Technik. Täglich fünf Stunden Training und DiätenEgger hat bisher drei ihrer vier MMA-Kämpfe gewonnen. Das kommt nicht von ungefähr: Die Rheintalerin trainiert täglich bis zu fünf Stunden im Buddy Gym St. Gallen – eine morgens um halb sieben und vier am Abend nach der Arbeit. Steht ein Wettkampf auf dem Plan, wird während sieben Wochen eine strikte Diät eingehalten, Ausnahmen gibt es in dieser Zeit nicht. Für Egger beginnt diese Phase bald wieder. Im September fährt sie zu den ADCC-Meisterschaften nach Kalifornien, für die sie sich mit dem Gewinn der europäischen Ausscheidung qualifiziert hat. Das Turnier ist das grösste im Grappling und eine Art WM. Für Egger eine grosse Chance: «Klar nehme ich am Turnier teil, mit dem Ziel zu gewinnen. Mit einem guten Auftritt kann ich mir aber auch Türen öffnen.» In den MMA muss sie sich um Kämpfe bewerben. Gute Resultate beim Grappeln bedeuten automatisch mehr Kämpfe in den MMA. Auf Letzterem liegt auch ihr Fokus für die Zukunft: «Es ist die Mischung aus stehendem und Bodenkampf, die mir so gefällt.» Mit ihrem Freund Kenji Bortoluzzi, der selbst auch MMA-Kämpfer und gleichzeitig ihr Coach ist, hat sie den perfekten Trainingspartner: Kräftemässig weit unterlegen, muss sie über die Technik kämpfen, um zu gewinnen. Er ist, wie ihr zweiter Coach Severin Häring, an jedem Turnier zur Unterstützung dabei. «Sie sind sehr wichtig für mich», sagt Egger. «Wenn Probleme auftreten, wissen sie genau, was ich brauche.» Nebst einer verhandelbaren Gage werden Hotel-, Reise- und Essenskosten für jede Kämpferin und ihre Trainer in den MMA vom Veranstalter übernommen. Über die Höhe der jeweiligen Gage verhandelt sie aber nicht selber. «Ich kann das nicht. Meistens habe ich dann einfach gesagt jaja, das passt schon.» Früher war Egger bekannt als U23-Europameisterin und Schweizer Meisterin im Judo. Aufgrund vieler Verletzungen und grossem finanziellem Aufwand hörte sie aber auf und kam zu den MMA. Kampf vor 5000 ZuschauernFür ihre Familie war der Wechsel keine grosse Überraschung, da sie mit Judo schon eine «harte» Sportart betrieben hatte. Personen, die sie nicht kennen, sind im ersten Moment aber überrascht. «Viele sagen, man sehe es meinem Gesicht nicht an. Das nehme ich als Kompliment.» Schlimme Verletzungen hatte Egger in den MMA bisher noch keine. Dies führt sie auf das abwechslungsreiche Training zurück, in dem sie mal Boden-, mal Stehkampf trainiert. Ausserdem kann die Rheintalerin bei der Gestaltung mitreden und sich so vorbereiten, wie es ihr guttut.An den ADCC-Meisterschaften erwarten sie bis zu 5000 Zuschauer. Für Egger nicht immer ganz einfach: «Ich bin immer nervös und habe teilweise Angst vor den Kämpfen. Wenn es dann aber losgeht, funktioniere ich einfach.» Dabei hilft es ihr, sich vorzustellen, wie sie den Kampf gewinnt. Damit sich die vielen Trainingsstunden am Ende dann auch ausbezahlt haben.

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