30.07.2018

Auf die Nuss gekommen

Ernst und Petra Sonderegger gehen auf ihrem Birkenhof neue Wege. Nach der Rückkehr aus Frankreich sah sich der Landwirt nach neuen Möglichkeiten um und stiess dabei auf Baumnüsse und Damhirsche.

Von Kurt Latzer
aktualisiert am 03.11.2022
Kurt Latzer«Das ist Baum Petra», sagt der Balgacher Landwirt auf einem Rundgang durch seine Baumnussplantage. Im vergangenen Jahr haben Ernst Sonderegger, seine Frau und Sohn Felix auf fünf Hektaren 500 junge Nussbäume gesetzt; «Petra» war das erste Bäumchen. «Hier entstehen 5 ha Nussbaumplantage mit 150 Damhirschen», ist neben dem Kiesweg entlang des Rheintaler Binnenkanals zu lesen. «Das Schild habe ich aufgestellt, weil die Spaziergänger und Velofahrer oft stehen blieben und die Nussbäume betrachteten», sagt Ernst Sonderegger mit einem Lächeln.Idee kam nach AuslandsaufenthaltWie aber kommt man auf «Hirsch und Nuss»? «Der Gedanke war, dass es doch möglich sein müsse, aus unserem Hof mit relativ wenig Land einen Vollerwerbsbetrieb zu machen», sagt Sonderegger, der vor 13 Jahren aus Frankreich zurückkehrte und den Hof von seinem Bruder übernahm. Den Betrieb habe er im Nebenerwerb geführt, zudem bei anderen Landwirten geholfen und in der Rheintaler Biogasanlage gearbeitet. Nach einigen Überlegungen hat sich der Landwirt für Grasland entschieden, zumal die Bodeneigentümerin, die Ortsgemeinde Balgach, Wiesland favorisiere. Als er sich den Kopf zerbrach, wer das Gras fressen soll, hörte Ernst Sonderegger im Radio von Damhirschen. «Das ist super, dachte ich, das passt zu mir», sagt der Balgacher. Für Milchwirtschaft sei der Betrieb mit 18 Hektaren Land zu klein. «Ich bin schon ein wenig der Typ, der nicht gerne das macht, was man als normal bezeichnet», sagt Ernst Sonderegger mit einem Lächeln. Baumnüsse sind im Land gesuchtUnd das mit der Nuss? «Weil die Damhirsche Schatten brauchen, habe ich mich über Bäume in­formiert», sagt der innovative Bauer. Bei der Recherche sei er auf die Baumnuss gestossen und habe erfahren, dass die Nachfrage sehr gross ist. Aller Unkenrufe zum Trotz, nach dem Motto «Baumnüsse und Hirsche gehörten nicht in die Landschaft», ist der Balgacher Landwirt von seiner Idee überzeugt. «Bei Damhirsch und Nüssen besteht die Gefahr einer Überproduktion nicht», sagt Sonderegger. Ob alles so funktioniert wie gedacht, weiss der Balger nicht: «Eine Garantie gibt es nirgends.» Im April 2017 haben Sondereggers den ersten Steckling gepflanzt. Gut ein Jahr später zeigt sich: Die jungen Nussbäume scheinen sich auf den fünf Hektaren Land am Binnenkanal wohlzufühlen. Einige tragen bereits überraschend grosse Früchte. Wenn ihm Frost oder Hochwasser keinen Strich durch die Rechnung machen, rechnet Ernst Sonderegger im nächsten Jahr bereits mit einem Nussertrag von 10 bis 20 Prozent.Start im November mit 50 DamhirschkühenDie ersten Damhirsche kommen noch dieses Jahr auf den Birkenhof. «Im November bekomme ich die ersten 50 Hirschkühe», sagt der Landwirt. Bis dahin müsse er die Einzäunung der fünf Hektaren Land errichten. Die Bewilligung dafür hat er bereits in der Tasche. Für die Haltung der Tiere habe er eine Schulung absolviert, das Winterfutter für die Tiere lagert bereits neben dem Schopf. Der Balgacher weiss: Der Zweckverband Rheintaler Binnenkanal plant ein Hochwasserschutzprojekt. Darin enthalten sind sogenannte Retentionsflächen, in denen sich Hochwasser sammeln kann.Ernst Sondereggers Baumnussplantage steht auf so einer Rückhaltefläche. Der Landwirt kennt die Gefahr. Letztes Jahr hat Hochwasser einen grossen Teil seiner Gemüseernte vernichtet. «Wasser, das für kurze Zeit auf den Feldern steht, schadet den Nussbäumen weniger als dem Gemüse», sagt der Balgacher. Die anderen Bäume ringsum hätten 2017 auch im Wasser gestanden und deswegen keinen Schaden genommen. Die Gebäude des Hofes und ein Teil des angrenzenden Grundstücks liegen höher und sollten trocken bleiben. «Dort könnte ich die Tiere vorübergehend unterbringen», sagt der Balgacher.Vermarkten will Ernst Sonderegger die Nüsse und das Hirschfleisch selbst: «Zumindest will ich das versuchen.» Neben dem Absatz der Produkte sorgt sich der Landwirt auch nicht über die Fortführung des Projektes. Sein Sohn Felix ist Landwirt und arbeitet zurzeit auf einem Bauernhof im Züribiet. Ernst Sonderegger lächelt und sagt: «Ich bin gerade 50 Jahre alt geworden, da möchte und muss sich schon noch eine Weile werken. Sobald sich die Plantage gut entwickelt, hat der Landwirt die Option, die Nussplantage und die Haltung von Damhirschen zu erweitern.

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