Fussball 29.08.2024

Auf der Aegeten steht am Sonntag der grosse Derbykracher an

Ein gutes Jahr nach dem Jahrhundert-Cup-Match gegen den FC St.Gallen beschert der Spielplan dem FC Widnau beim ersten Liga-Heimspiel der Saison wieder einen Schlager. Zu Gast ist der Aufsteiger und Fast-Nachbar Altstätten.

Von Hansueli Steiger
aktualisiert am 29.08.2024

Die Heimstätten der beiden Teams, die Gesa und die Aegeten, liegen keine sieben Kilometer auseinander. Zum ersten Mal seit April 2018 treffen sich die beiden Mannschaften wieder zu einem Duell in der Meisterschaft.

Noch vor drei Jahren deutete nichts darauf hin, dass sich der FCW und der FCA 2024 wieder in der Liga treffen würden. Während sich Widnau in der interregionalen zweiten Liga zu einer festen Grösse mauserte, stand Altstätten am 20. Juni 2021 nach der 0:5-Niederlage in Montlingen als Absteiger in die 3. Liga fest. Die Saison war geprägt von der Pandemie. Die Hinrunde, in der Altstätten nur drei Punkte sammelte (3:2 bei Schluein Ilanz), konnte komplett durchgeführt werden, die Rückrunde bestand aber nur noch aus zwei Spielen in Juni. Corona hielt die Welt im Schraubstock.

Abstieg 2021 als positiver «Jo-Jo-Effekt»

Der FCA blieb nur eine Saison in der 3. Liga. Mit 18 Siegen in 22 Spielen glückte der sofortige Wiederaufstieg souverän. Die erste Saison nach dem Wiederaufstieg war mit Platz sechs schon recht vielversprechend. Die ungeschriebene Fussballweisheit, dass die zweite Saison für einen Aufsteiger die Schwierigste sei, liess die den FCA unbeeindruckt. Im Gegenteil: Nach der Hinrunde hatte die Brunner-Elf acht Punkte Vorsprung auf den Zweiten, Rorschach-Goldach. Nach einer kleinen Durststrecke im Frühling nahm der «Gesa-Express» wieder Fahrt auf und schaffte den Aufstieg mit neun Punkten Vorsprung auf die Seebuben. Dies nur zwei Jahre nach dem Abstieg in die dritte Liga. «Es ist ein Jo-Jo-Effekt der positiven Sorte», wie es Sportchef Dario Ilic formulierte. Mit dem 6:1-Sieg im OFV-Cupfinal in Wittenbach gegen Bischofszell holte der FCA auch den «Kübel» auf die Gesa.

In den letzten 20 Jahren begegneten sich Widnau und Altstätten in neun Saisons 18-mal, achtmal davon in der interregionalen zweiten Liga. In den 2010-er-Jahren waren die beiden sonntäglichen Gegner einige Jahre gemeinsam im Oberhaus. Die 20-Jahres-Meisterschaftsbilanz von Widnau und Altstätten ist ziemlich ausgeglichen. Altstätten hat mit acht Siegen einen mehr auf dem Konto als Widnau. Zuletzt begegneten sich der FCW und der FCA in der Saison 2017/18, als sich beide Teams ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen um den Aufstieg in die Interregio lieferten. Widnau setzte sich knapp (51:50 Punkte) durch.

Beide Derbys entschieden die Altstätter für sich. Auf der Aegeten siegte die Städtli-Elf am 10. September 2017 mit 5:3. Goalgetter Jasmin Abdoski brachte Widnau bis in die 22. Minute mit 2:0 in Führung, 17 Minuten später hatte der FCA durch Alfred, Carlo Göldi und Daniel Lichtenstern das Spiel gekehrt. Abdoski glich nach einer Stunde aus, doch Julian Bösch (75.) und Sahin Irisme (91.) brachten mit ihren Toren die drei Punkte unter Dach und Fach.

Im Rückspiel auf der Gesa am 22. April 2018 – dem bislang letzten Ligaduell der beiden Teams – kam kam der spätere Aufsteiger Widnau unter die Räder. Zweimal Simon Lichtenstern und Adis Hujdur stellten nach 36 Minuten auf 3:0, Dominik Nüesch verkürzte mit dem Pausenpfiff auf 3:1. In der zweiten Halbzeit erzielten Adis Hujdur (2), Sahin Irisme und Ramon Gächter die weiteren Altstätter Tore zum 7:1-Sieg.

FCW gegen FCA 1982 in der ersten Liga

In einer Saison trafen sich Widnau und Altstätten sogar in der 1. Liga: 1982 schaffte Widnau den Aufstieg in die dritthöchste Schweizer Spielklasse. Altstätten seinerseits hatte sein einjähriges Nationalliga-B-Abenteuer beendet. Im ersten Spiel kam es zum Derby auf der Aegeten. 2000 Fans verfolgten ein Match, in dem sich der Aufsteiger beherzt wehrte, sich aber der spielerischen Übermacht der Altstätter mit 0:3 beugen musste.

Das Rückspiel am 28. November 1982, einem garstigen und kalten Spätherbsttag, war dann eine klare Sache. Altstätten ging vor 2100 Zuschauern nach elf Minuten in Führung und siegte schlussendlich 7:0. Die Altstätter Torschützenliste liest sich wie das «Who-is-who» des Rheintaler Fussballs zu jener Zeit: Walter Schlegel, Christoph Schmid, Bernd Weiss, Hannes Sturn, Christoph Heeb, Theo Stieger und Elef Mistridis. Im Tor der Altstätter stand natürlich der Widnauer René Rieser, der auf der Gesa 15 Jahre das Tor hütete und zur Vereinslegende wurde.

Auch das Widnauer Team war gespickt mit klingenden Namen. Beim ersten Spiel auf der Aegeten waren etwa Urs und Norbert Spirig, Tomi Schelling, Rico Jäger und Herbert Jocham dabei. «Es war eine Wahnsinnsmannschaft. Leider fiel sie nach dem Aufstieg auseinander», sagte Kuno Jocham, der vor wenigen Tagen das FCW-Präsidenten-Zepter Remo Heller weitergab. Jocham durfte damals als 18-jähriger die Aufstiegsspiele in die erste Liga als Ersatzspieler erleben: «Es war eine unglaubliche Zeit, auch für uns Jungen».

«Derbys haben eigene Gesetze»

Für Widnau begann nach der 0:2-Cup-Niederlage bei Red Star Zürich am letzten Samstag der Ligaalltag. Erneut spielte der FCW in Zürich, bei Seefeld. «Die erste Hälfte war in Ordnung», sagt Co-Trainer Daniel Lüchinger und fügt an: «Hätten wir effizienter agiert, wären wir mit einem 3:0-Vorsprung in die Pause». So blieb das Tor von Neuzugang Orhan Ademi nach elf Minuten die einzige Ausbeute. «In der zweiten Hälfte war das Spiel nicht mehr auf Interregio-Niveau. Wir haben noch viel Luft nach oben», so Lüchinger. Dennoch: «Ein Startsieg ist immer wichtig, darum sind wir zufrieden». Solche Spiele habe man in den letzten Jahren auch schon verloren. Lüchinger: «Die Mannschaft ist reifer geworden».

Widnaus Co-Trainer war am letzten Sonntag beim Spiel auf der Gesa als Zuschauer dabei. «Die Altstätter hat in den letzten Jahren einen hervorragenden Job gemacht. Sie nehmen den Schwung als Aufsteiger mit und sind ein unbequemer Gegner.» Vor allem die beiden Offensivcracks Egzon Shabani und Sahin Irisme streicht Lüchinger heraus: «Auf die muss man besonders aufpassen». Lüchinger: «Gegen Bazenheid ist Altstätten sehr gut gestartet. Das Resultat hätte auch viel höher ausfallen können, allerdings haben die Untertoggenburger einen rabenschwarzen Tag eingezogen».  Nebst Luca Giorlando und Samuel Thönig sind bei Widnau alle Kaderspieler fit. «Ein Derby hat seine eigenen Gesetze», sagte Lüchinger.

«Es ist nicht irgendein Spiel…»

Altstättens Trainer Adi Brunner sagte nach dem Spiel gegen Bazenheid: «Unsere Rolle bleibt gegen Widnau gleich, wir sind der Aufsteiger. Wir sind mit dem 4:0 gut gestartet, wissen aber doch nicht so recht, wo wir stehen». Die Vorfreude ist auch bei Altstätten gross. «Jeder Spieler weiss, dass es nicht irgendein Spiel, sondern das Spiel ist», sagt Teammanager Giusi Castrovinci. Mit der Erfahrung und dem aktuellen Kader sieht Castrovinci die Favoritenrolle bei Widnau. Der Aufsteiger möchte dem Gastgeber das Leben allerdings so schwer wie möglich machen. «Beide wollen gewinnen, um die beste Mannschaft im Rheintal zu sein. Es wird sicher ein intensives Spiel.» Die Gelb-Schwarzen können auch auf die Unterstützung zahlreicher Fans zählen. Castrovinci: «Ich bin sicher, es wird ein schönes Fussballfest. Und ich weiss, was meine Jungs können.»

Personell sind Mirel Eugster und Sefar Gaye noch angeschlagen. «Für einen Einsatz wird es vermutlich nicht reichen», sagt der Teammanager. Und: «Jan Imlig musste sich am Knie operieren lassen und fällt länger aus. Manuel Stüdli ist am Dienstag wieder ins Training eingestiegen, ein Teileinsatz ist möglich.» Weniger gut sieht es bei Adis Hujdur aus: Er fällt weiter aus, weil sein operiertes Knie noch immer schmerzt.

Man darf gespannt sein, wer am Sonntagnachmittag kurz vor 16 Uhr die neue oder alte, temporäre Nummer eins im Rheintal sein wird.

Super-Sonntag auf der Aegeten

Am Sonntag geht’s auf der Aegeten schon früh los: Ab 11 Uhr unterhält das Trio Spontan während des Frühschoppens. Bis 12.30 Uhr ist Gratis-Eintritt, danach gelten die normalen Eintrittspreise. An Speisen (es steht auch ein Derbymenu auf der Karte) und kühlen Getränken mangelt es nicht.

Nach dem Interregio-Spiel steht noch ein weiteres Derby auf dem Programm: Um 16 Uhr duellieren sich das Widnauer «Zwoa» und der FC Rebstein in der 3. Liga. Auch der äussere Rahmen stimmt: Die aktuellen Wetteraussichten versprechen am Sonntagnachmittag viel Sonne und Temperaturen um 27 Grad.


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