17.02.2022

Auf den Chauffeur kommt Ärger zu

Nach dem Busunfall beim «Lindenhof» in Altstätten drohen dem Fahrer eine Busse, ein Führerausweisentzug und unter Umständen auch noch Disziplinarmassnahmen des Arbeitgebers.

Von Max Tinner
aktualisiert am 02.11.2022
Auf den Fahrer des am Dienstagmittag, 8. Februar, beim «Lindenhof» verunfallten Busses kommt einiges an Ärger zu. Er war von Hinterforst her links in Richtung Stadtmitte eingebogen. Dabei fuhr ein vom Zentrum her kommendes Auto dem Bus in die Seite. Da die Oberrieterstrasse eine Haupt- und die Eichbergerstrasse eine Nebenstrasse ist, ist offensichtlich: Der Autofahrer hätte Vortritt gehabt.Die Behörden äussern sich zum konkreten Fall nicht; bis zu einem Entscheid gelte die Unschuldsvermutung.Mit einer Ordnungsbusse lässt sich der Unfall aber nicht erledigen. Das Nichtgewähren des Hauptstrassenvortritts ist im Ordnungsbussenkatalog nicht gelistet und wird von der Staatsanwaltschaft beurteilt. Diese richtet sich bei der Bemessung der Bussen nach ih­ren Strafmassnahmenrichtlinien für Strassenverkehrsdelikte (siehe www.staatsanwaltschaft.sg.ch, «Strafverfahren», «Strafen und Massnahmen»).Für einen Verkehrsunfall ist eine Busse ab 300 Franken aufwärts vorgesehen. Das Nichtgewähren des Hauptstrassenvortritts ist in dem Katalog ebenfalls mit einer Busse in Höhe von mindestens 300 Franken gelistet. Solche Bussen können aber auch wesentlich höher ausfallen. Das Strafgesetzbuch nennt als Höchstbusse 10 000 Franken. Bei der Bemessung berücksichtigt die Staatsanwaltschaft die Schwere eines Vorfalls und allfällige besondere Umstände. Ob Berufschauffeur oder Privatperson ist egalTrotz seiner Verantwortung für die Sicherheit seiner Passagiere muss ein Berufschauffeur oder eine Busfahrerin aber nicht mit einer höheren Busse rechnen, als wer mit dem Privatauto einen Unfall baut: Die Berufsgattung ist grundsätzlich nicht ausschlaggebend für die Höhe einer Busse, hält Stefan Hess, Staatsanwalt beim Untersuchungsamt Altstätten, seitens der Staatsanwaltschaft fest.Bei der Busse wird es aber nicht bleiben. Strassenverkehrsdelikte lösen nicht nur ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft aus, sondern auch ein administrativrechtliches Verfahren beim Strassenverkehrsamt. Bei der Missachtung von Vortrittsregeln müsse man auch mit einem Führerausweisent­zug rechnen, bestätigt Tobias Angehrn, der Leiter der Ab­teilung Admini­strativverfahren im Strassen­verkehrsamt. Hin­zu kommen Entscheidgebüh­ren sowohl im Strafverfahren als auch im Administrativmassnahmenverfahren.Man kann sich zudem ausrechnen, dass sich ein Buschauffeur nach einem Unfall auch seinem Arbeitgeber gegenüber verantworten muss. Hans Koller, Leiter Markt von Bus Ostschweiz / Rheintal Bus, ist froh, gab es bei dem Unfall letzte Woche nur Blechschaden und keine Verletzten. Solche Vorfälle würden jeweils zusammen mit dem betreffenden Mitarbeitenden besprochen, schreibt er auf Anfrage. Je nach dem würden Massnahmen nach internem Disziplinarwesen ergriffen. Der Arbeitgeber übernimmt die Busse nichtWie diese aussehen können, legt Koller nicht offen; das seien Betriebsinterna. Bei der Bemessung berücksichtige man aber besondere Umstände, etwa ob es mit dem Chauffeur schon andere Vorkommnisse gab und wie es zum Unfall kam, wobei man sich auch auf den Polizeirapport stütze. Berücksichtigt würden auch besondere Umstände, etwa wenn sich der Unfall an einer bekanntermassen schwierigen Stelle ereignet hat.Und natürlich trage der Fahrer die Busse selbst und nicht der Arbeitgeber. «Für sein Fahrverhalten ist der Chauffeur verantwortlich», sagt Hans Koller. Dass die Leute am Steuer einen Fahrplan einzuhalten haben und die Fahrgäste ungeduldig werden, wenn der Bus den Zug am Bahnhof zu verpassen droht, ist Koller klar. Im dichter werdenden Verkehr werde dies zur Herausforderung. Organisatorisch lasse sich dem nur mit Fahrplananpassungen begegnen. An der Kreuzung gelte aber letztlich das Credo im öffentlichen Verkehr: «Sicherheit kommt zuerst.»Zweittext:Der Stadtrat sähe hier am liebsten einen KreiselWer öfter von Hinterforst her nach Altstätten fährt, fühlt möglicherweise mit dem verunfallten Buschauffeur mit. Aus dieser Fahrtrichtung gilt die Kreuzung beim «Lindenhof» schon seit langem als mühsam, besonders zu Stosszeiten. Der Stadtrat sähe hier darum gerne einen Kreisel. Ein solcher ist im aktuellen Strassenbauprogramm des Kantons auch drin, allerdings nur mit C-Priorität.Stadtpräsident Ruedi Mattle läge einiges an einer Hochstufung. «Ein Kreisel wäre hier die richtige Lösung; das ist wohl weitgehend unbestritten», meint er. Für die letzten Jahre gebe es zu dieser Kreuzung allerdings keine polizeilich registrierten Unfälle, hält Manfred Huber, Leiter Strassen- und Kunstbauten im Tiefbauamt des Kantons, fest. Aus Sicherheitsüberlegungen ergebe sich daher kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Den «Lindenhof»-Kreisel im nächsten Strassenbauprogramm 2024 – 2028 direkt in die Priorität A zu bekommen, hält daher auch der Stadtpräsident für wenig wahrscheinlich. Der abschliessende Entscheid liegt allerdings nicht bei der Verwaltung, sondern beim Kantonsrat.

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