25.10.2019

Auf dem Rücken tragen

Aus kirchlicher Sicht.

Von Andrea Hofacker
aktualisiert am 03.11.2022
Haben Sie sich auch schon mal den Rücken verrenkt? Das passiert mir öfter mal, wenn ich eine ungeschickte Drehung mache oder mich bücke, dann merke ich plötzlich: Mist, jetzt ist etwas nicht gut. Und dann tut es weh, die Muskeln krampfen. Weil ich Angst habe, es schlimmer zu machen, verkrampfe ich mich nur noch mehr – und es tut dann auch mehr weh.Oft zeigen Rückenschmerzen uns an, dass wir uns übernommen haben. Das bedeutet nicht unbedingt, dass wir zu schwer gehoben haben, sondern kann auch heissen: Wir haben uns selbst einfach zu viel aufgeladen. Zu viel Arbeit, zu viel Verantwortung, zu viel Freizeitstress, zu viel Freiwilligenämter.Dann zieht der Körper die Reissleine und beschert uns psychosomatische Beschwerden. Jeder und jede tickt da etwas anders. Manchen schlägt der Stress auf den Magen, manche bekommen Kopfschmerzen, und manche handeln sich eben den berühmten Hexenschuss ein.Der Rücken kann für vieles stehen, für Überlastung, aber auch für ein Ungleichgewicht im Leben. Er kann dafür stehen, dass wir uns alleine fühlen. Denn so wie man davon spricht, dass alles auf den eigenen Schultern lastet, so sprechen wir eben auch davon, dass uns jemand den Rücken stärken kann.In der Bibel gibt es die Geschichte von der verkrümmten Frau. Jesus heilt sie am Sabbat in der Synagoge. Das steht im Lukasevangelium, Kapitel 13, 11 – 13:Und siehe, eine Frau war da, die hatte seit achtzehn Jahren einen Geist, der sie krank machte; und sie war verkrümmt und konnte sich nicht mehr aufrichten. Als aber Jesus sie sah, rief er sie zu sich und sprach zu ihr: Frau, sei frei von deiner Krankheit! Und legte die Hände auf sie; und sogleich richtete sie sich auf und pries Gott.Lukas schreibt davon, dass sie einen Geist hatte, der sie krank machte. Früher konnte man sich Krankheiten nicht so genau erklären, wie heute. Deshalb haben die Menschen alles einen «Geist» genannt, was sie sich an anderen nicht erklären konnten.Was genau die Frau hatte, das wissen wir nicht. Vielleicht hatte sie einfach eine verkrümmte Wirbelsäule. Vielleicht hatte sie aber auch Depressionen, oder viel zu viel Verantwortung sowie Arbeit – und das machte sie krumm.Vielleicht hat sie aber auch immer den untersten Weg gehen müssen, weil sie arm zur Welt kam und immer um ihren Lebensunterhalt fürchten musste. Menschen, die so etwas erleben, müssen sprichwörtlich ja oft vor anderen buckeln, um das Nötigste zum Leben zu erhalten.Jedenfalls: Jesus legt seine Hände auf ihren Rücken. Er stärkt der Frau den Rücken. Er sieht sie und ruft sie zu sich, er lässt sie nicht allein mit der Last, welcher auch immer, und macht sie wieder stark für ihr Leben. Wenn ich mir das nächste Mal den Rücken verrenke, will ich daran denken, dass Jesus das auch kannte. Und ich will versuchen, mich damit zu trösten, dass ich mit meinem Stress oder meiner Verantwortung nicht alleine bin, weil ich daran glaube, dass mir einer zur Seite steht und mir tragen hilft. Und manchmal vielleicht auch einfach abladen, damit ich wieder gerade und aufrecht stehen kann.Andrea HofackerPfarrerin in Marbach

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