16.07.2021

Au ist die reichste Ortsgemeinde

Die Ortsgemeinden der Region haben ordentlich Geld auf der hohen Kante – vor allem jene im mittleren Rheintal.

Von Seraina Hess
aktualisiert am 03.11.2022
Wie vermögend sind die St. Galler Ortsgemeinden und wie viel Geld kommt der Öffentlichkeit zugute? Diese Fragen hat das Amt für Gemeinden und Bürgerrecht kürzlich erstmals beantwortet, indem es flächendeckend Finanzkennzahlen veröffentlichte. «Es sind schon länger Bestrebungen im Gang, Transparenz in die Leistungen von Ortsgemeinden zu bringen», sagt Amtsleiter Alexander Gulde. Die Umstellung auf das neue Rechnungslegungsmodell der St. Galler Gemeinden (RMSG) war schliesslich Anlass dazu. Entsprechend liefert die Statistik nur Angaben zum Rechnungsjahr 2019, dem ersten Jahr der grossflächigen Anwendung von RMSG. Über 36 Millionen Franken EigenkapitalDie Zahlen legen offen, wie es um das Vermögen der Körperschaften steht. Im Rheintal führt diesbezüglich die Ortsgemeinde Au die Tabelle an, und zwar mit Abstand: Sie ist mit einem Ei­genkapital von rund 36 184 639 Franken und Fremdkapital von 93 664 Franken die reichste Ortsgemeinde in der Region (siehe Tabelle). Zum Vergleich: Mit 441 189 Franken Eigenkapital und 3756 Franken Fremdkapital hat die Ortsgemeinde Altstätten am wenigsten auf dem Konto. Insgesamt lässt sich fest­halten, dass die vermögenderen Rheintaler Gemeinden – mit Ausnahme von Kriessern – im Mittel- und Unterrheintal zu finden sind, die weniger vermögenden im oberen Rheintal. Ein Umstand, den Ivo Lüchinger, Finanzverantwortlicher der Ortsgemeinde Au, wie folgt erklärt: «Reiche Ortsgemeinden besitzen in der Regel viel Bau- und Industrieland: Neben Au sind das sicher Schmitter und Widnau. Im oberen Rheintal sind  diese Flächen häufiger im Be­sitz der politischen Gemeinde und gehören seltener der Ortsgemeinde. Sie haben zwar vie­le Landwirtschaftsflächen und Forst, die aber dem Verwaltungsvermögen angegliedert und relativ tief bewertet sind.»Geld für Vereine, Unterhalt und NaturschutzDie Ortsgemeinde Au habe bereits vor Jahrzehnten, wenn nicht schon vor Jahrhunderten, die Strategie verfolgt, Boden zu kaufen, wenn immer sich die Gelegenheit dazu bot. Entstanden sind darauf beispielsweise Alterswohnungen, die jedes Jahr einen beträchtlichen Gewinn einbringen. Aber auch Flächen, die im Baurecht an die Industrie abgegeben worden sind – etwa an SFS – seien verantwortlich für das heutige Vermögen. «Wir verfolgen die Strategie, Boden zu kaufen und nicht mehr zu veräussern, auch heute weiter. Aber es sind natürlich die Früchte unserer Vorgänger, die wir jetzt ernten.» Beträchtlich sind die Summen, die Ortsgemeinden jährlich für öffentliche Leistungen ausgeben. Rund 585 930 Franken sind es in Au, über 150 000 Franken allein für Kultur, Sport und Freizeit, was vor allem den Vereinen zugute kommt. Zu öffentlichen Leistungen gehören auch der Naturschutz und der Unterhalt des Riets. Am meisten Geld für die Öffentlichkeit gibt die Ortsgemeinde St. Margrethen aus: 693 607 Franken waren es 2019. Ortsgemeinde­präsident Rolf Künzler relativiert: «Es war ein spezielles Jahr, weil wir wegen Unwetterschäden den Parkplatz beim ‹Rössli Romenschwanden› erneuern mussten.» Ausgaben, die auch in anderen Jahren hoch ausfallen würden, seien etwa die Bildung (Stipendien) und der Unterhalt denkmalgeschützter Gebäude. Aufgaben der Ortsgemeinden Ortsgemeinden sind nicht mit politischen Gemeinden gleichzusetzen. Ersteren gehören nur natürliche Personen an, die den Status des Bürgers und damit das Heimatrecht besit­zen. Die Ortsgemeinden verwalten Bürgergüter wie Riet, Felder, Wald, Rebhänge oder Alpen. Ihre Aufgaben sind in der Kantonsverfassung und im Gemeindegesetz geregelt. Darin ist festgelegt, dass sie gemeinnützige, kulturelle und weitere Aufgaben im öffentlichen Interesse zu erfüllen haben. Im Kanton St. Gallen gibt es 98 Ortsgemeinden. Die grösste ist die Ortsbürgergemeinde St. Gallen mit 10 000 Mitgliedern. Zum Vergleich: Die Ortsgemeinde Au zählt heute rund 1450 Bürger. (seh)

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