Susi MiaraDie Umsetzung der Anweisungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) in den Spitälern und Praxen schlägt sich auf deren Einnahmen nieder.In den drei Krankenhäusern der Spitalregion Rheintal Werdenberg Sarganserland sind sogenannte elektive Eingriffe reduziert worden. Zudem werden seit zwei Wochen alle nicht dringenden Fälle sistiert. «Wir haben aktuell in der Spitalregion eine Bettenbelegung von rund 40 Prozent», sagt Andrea Bachmann, Leiterin Abteilung Kommunikation und Marketing der Spitalregion. Bezogen auf Corona bezeichnet sie die Situation als eher ruhig. Letzte Woche lagen zehn Corona-positive Patienten in den drei Spitälern.Sie empfiehlt Patienten, die nicht sicher sind, ob sie einen Test machen sollen, zuerst die Hotline des Bundesamts für Gesundheit oder die kantonale Hotline zu kontaktieren. Patienten mit anderen Beschwerden oder Erkrankungen können sich wie sonst auch an ihren Hausarzt wenden. Für medizinische Notfälle seien die Notfallstationen in allen drei Spitälern rund um die Uhr geöffnet. Patienten, die ins Spital kommen, werden zuerst im Triagecontainer vor der zentralen Notaufnahme auf Corona-Symptome untersucht. Erst danach können sie das Spital betreten.Weniger als die Hälfte der üblichen KonsultationenDer Betrieb der Praxis am Rhy AG in Kriessern läuft stark reduziert. «Wir haben uns in zwei Gruppen von Ärzten und medizinischen Praxisassistentinnen aufgeteilt und decken so die Öffnungszeiten der Praxis ab», sagt Ignaz Hutter. Die Konsultationen in der Praxis hätten auf weniger als die Hälfte abgenommen, die telefonischen Anfragen dafür zugenommen. Ignaz Hutter vermutet, dass manch ein Patient Angst hat, sich in der Praxis anzustecken. Wahrscheinlich würden aus diesem Grund häufig Termine abgesagt. «Diesen Befürchtungen tragen wir in unserer Praxis mit allen Möglichkeiten, wie etwa durch genügend Abstand, räumliche Trennungen und Tragen von Schutzmasken, Rechnung», sagt Ignaz Hutter. «Ausserdem werden Patienten mit Infektzeichen nur abends ab 17 Uhr behandelt.» Die Behandlungen der Physiotherapeuten seien auf das absolut Notwendige reduziert. «Hier ist die Tätigkeit noch stärker reduziert als in der Arztpraxis», sagt Hutter.Als KMU-Betrieb mit 26 Mitarbeitern und entsprechenden Lohnzahlungen musste die Praxis am Rhy Kurzarbeit anmelden. «Patienten sollten aber auf keinen Fall Hemmungen haben, in der Praxis anzurufen, wenn sie Fragen oder Probleme haben», sagt Ignaz Hutter. Viele Probleme könne man auch am Telefon lösen. Der behandelnde Arzt müsse dann die Verantwortung übernehmen für eine Untersuchung in der Praxis oder eine Beratung am Telefon.Es gebe Krankheiten, die behandelt werden müssen, zum Beispiel neu aufgetretene Herzschmerzen, starke Bauchschmerzen oder Verletzungen. Sogenannte Check-up-Untersuchungen oder Beschwerden von Krampfadern müssten hingegen nicht sofort behandelt werden. Deshalb führen in erster Linie die medizinischen Praxisassistentinnen am Telefon Triagen durch. Bei Bedarf kann jederzeit auf die Beratung eines anwesenden Arztes zurückgegriffen werden.«Es darf nicht sein, dass Nachteile entstehen, weil keine Untersuchung und Behandlung durchgeführt wurde», sagt Ignaz Hutter. «Alle Menschen haben ein Recht auf eine dem Leiden entsprechende Untersuchung und Behandlung, nicht nur Corona-Infizierte.»Vorgaben der Pandemie- Verordnung einhaltenDie Krisensituation hat auch den Praxisalltag der Ärzte am Markt AG in Heerbrugg verändert. «Wir haben unsere Abläufe angepasst, interne Richtlinien erarbeitet und das Personal geschult», sagt Ralf Kunas, ärztlicher Leiter und Geschäftsführer. Trotz erschwerten Bedingungen möchten die Ärzte den Betrieb aufrechterhalten und die Patienten versorgen. «Dabei müssen die Vorgaben der Pandemie-Verordnung des Bundesrates eingehalten werden», sagt Ralf Kunas. Deshalb wurden die Öffnungszeiten angepasst. «Wir sind aber weiterhin wochentags täglich erreichbar.» Trotz allem musste auch er Kurzarbeit anmelden.Es komme auch vor, dass verunsicherte Patienten Termine absagen. Dies mache etwa einen Rückgang um 20 bis 30 Prozent an Konsultationen aus. Dass die Patienten ihre Termine aus Angst vor einer Ansteckung absagen, könne er hingegen nicht bestätigen. Viele Patienten kämen vermutlich eher deswegen nicht, weil sie die Auflagen des Bundesrates befolgen und so wenig wie möglich die Wohnung verlassen.Die Frage, welche Krankheiten überhaupt noch behandelt werden dürfen, sei schwierig zu beantworten. «Der Bundesrat hat die Durchführung nicht dringend angezeigter medizinischer Massnahmen untersagt. Diese Weisung hat eine gewisse Verunsicherung ausgelöst», sagt Ralf Kunas.Der Verordnung könne entnommen werden, was der Bundesrat meint: Er will, dass kei-ne «unnötigen» medizinischen Massnahmen wie Schönheitseingriffe, Anti-Aging-Behandlungen oder Ähnliches stattfinden. Es sollen nur diejenigen Behandlungen unterbleiben, die auch später durchgeführt werden können, sofern mit der Verschiebung nicht mehr als nur geringe Nachteile oder geringe Beschwerden für den Patienten zu erwarten sind. Behandelt werden sollten hingegen Beschwerden, die über geringe Nachteile hinausgehen.«Deshalb sind wir der Meinung, dass im Zweifelsfall ein Arztbesuch, beziehungsweise eine Behandlung angezeigt ist. Es ist nicht im Sinne des Bundesrates, dass zum Beispiel eine Herzschwäche entgleist, weil Kontrollen ausgeblieben sind und der Patient im jetzigen Ausnahmezustand auf der Notfallstation eines Spitals landet oder zu Hause sitzt und Schmerzen hat. Nicht ohne Grund sind weltweit Arztbesuche von Ausgangssperren ausgenommen», argumentiert Ralf Kunas.Er ist sich bewusst, dass Patienten aufgrund der Krisensituation, in der es die gewohnte Sicherheit nicht mehr gibt, verunsichert seien. «Für Patienten mit gesundheitlichen Beschwerden, betreuungspflichtigen Erkrankungen oder sonstigen gesundheitlichen Anliegen sind wir erreichbar. Hiermit wollen wir auch verhindern, dass infolge ausbleibender ärztlicher Kontakte Komplikationen entstehen, was wiederum die Spitäler unnötig belasten würde», sagt Ralf Kunas. 96 Prozent weniger Patienten bei ZahnärztenNoch prekärer sieht es in den Zahnarztpraxen aus. «Die zweite Verordnung des Bundesrates stellt de facto ein Verbot von Behandlungen dar», sagt Jochen Kulow von der Zahnarztpraxis Vedentis. Nicht dringende Behandlungen dürften nicht mehr durchgeführt werden. «Das betrifft 95 Prozent unserer Behandlungen», sagt Jochen Kulow. Bereits zu Beginn der Krise habe er einfache Behandlungen aufgeschoben und keine neuen Termine mehr vergeben. «Die Verordnung 2 bedeutet für uns einen totalen Stillstand.» Letzte Woche wurden drei Patienten betreut. Vergleicht man eine Arbeitswoche vor der Krise mit einer in der Krise, resultiere ein Minus von 96 Prozent. Dies war für Jochen Kulow der Grund, für seine Mitarbeiterinnen Kurzarbeit anzumelden. Das Arbeitspensum beschränkt sich auf die Besetzung der Telefons am Vormittag. «Auf die Woche gerechnet liegen wir bei 20 Stunden, statt der üblichen 260 Arbeitsstunden, die das gesamte Assistenzteam im Einsatz steht», sagt Kulow. Leider seien aber Zahnärzte vom Bundesrat bisher nicht bedacht worden, da sie offiziell keine Betriebsschliessung haben, sondern nur ein Behandlungsverbot. Somit erhalten sie keine Ausgleichszahlung wie andere Selbstständige. Er versuche, das «Social Distancing» elektronisch zu lösen: Die Patienten nutzen den Live-Chat, schicken Fotos und können vormittags anrufen. Beratungen werden über Videocall durchgeführt. Jochen Kulow hat speziell dafür ein eigenes Telemedizin-Angebot eingerichtet.