29.09.2018

Aroma ist temperaturabhängig

Von Eveline Dudda
aktualisiert am 03.11.2022
Ein kalter Rotwein schmeckt weniger gut als derselbe Wein bei Zimmertemperatur. Beim Käse ist es ähnlich: Direkt aus dem Kühlschrank hat er deutlich weniger Aroma, als wenn er eine Stunde in der warmen Küche lag. Der Kühlschrank ist auch für viele Gemüse ein Aromakiller. Tomaten aus dem Kühlschrank schmecken nahezu nach nichts, selbst wenn sie zuvor frisch ab Strauch noch köstlich waren. Das liegt daran, dass bei reifen Tomaten 42 unterschiedliche Stoffe an der Aromabildung beteiligt sind. Einige dieser Stoffe sind flüchtig, viele verflüchtigen sich bei Kälte sogar rasant. Sie nehmen in der Kälte innerhalb weniger Tage um zwei Drittel ab. Das ist auch der Grund, warum die spanischen Importtomaten, die mit dem Kühllastwagen in die Schweiz gekarrt werden, hier nicht annähernd so gut schmecken wie an dem Ort, wo sie produziert wurden. Der Aromaverlust findet auch bei Tomaten statt, die im Freien der Kälte ausgesetzt sind. Und wenn das Aroma erst einmal weg ist, kommt es nicht wieder. Deshalb lohnt es sich jetzt, Tomaten gegen Mittag zu ernten und lieber noch im Haus nachreifen zu lassen statt sie längere Zeit den tiefen Nachttemperaturen im Freien auszusetzen. Kälte kann aber auch das Gegenteil bewirken und Gemüse aromatischer machen. Rosenkohl schmeckt erst richtig gut, wenn er eine gewisse Zeit mit niedrigen Temperaturen durchlebt hat. Das muss jedoch kein Frost sein. Während des Wachstums wird in der Pflanze Zucker gebildet, der mit Hilfe eines Enzyms in Stärke verwandelt wird. Bei tieferen Temperaturen arbeitet das Enzym langsamer, weshalb der Zuckergehalt steigt. Das versüsst nebenbei erwähnt nicht nur den Genuss, sondern verbessert auch noch die Verdaulichkeit der Rösli. Wer nun meint, die Natur austricksen zu können und einfach ein wenig Röslichöl in den Tiefkühler legt, wird enttäuscht werden. Die Zuckeranreicherung findet nämlich nur bei lebenden Pflanzen statt. Erfolg versprechender ist dagegen der Anbau von modernen Sorten. Sie wurden mehrheitlich auf höheren Zuckergehalt selektioniert und schmecken deshalb auch ohne oder bereits nach wenig Kälte nussig-süsslich. Eveline DuddaHinterforstwww.spriessbuerger.ch

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