06.04.2021

Aprilschnee wirkt wie eine Bremse

Obst- und Gemüseproduzenten beobachten gespannt das Wetter. Schnee stoppt das Wachstum, doch gefürchtet ist Frost.

Von Hildegard Bickel, Andrea C. Plüss
aktualisiert am 03.11.2022
Dienstagmorgen, minus vier Grad: Die Obstanlage in Berneck am Fuss der Reben zeigte sich gestern in winterlich verschneitem Kleid. Der Kälteeinbruch im April hat frühe Kirschensorten in ihrer vollen Blüte erwischt. Gewisse Schäden werde es geben, doch er wolle den Teufel nicht an die Wand malen, sagt Markus Hutter, Betriebsleiter der Rheinobst Genossenschaft Au. «Wir müssen abwarten, was in den nächsten Tagen passiert und die Blüten danach untersuchen.»Weniger gravierend ist der Einfluss der Kälte auf die Apfelbäume: «Diese Blütenknospen sind noch geschlossen.»Mehrere Frostnächte – wie tief sinken die Werte?«Aprilschnee ist kein aussergewöhnliches Ereignis», sagt Markus Hutter, das komme alle paar Jahre vor. Ausschlaggebender hingegen seien die tiefen Temperaturen. Nun sei es entscheidend, wie lange sie dauern und wie sie sich in den folgenden Nächten entwickeln. Zeige das Thermometer Werte von knapp unter Null, lägen sie in einem Toleranzbereich – doch wenn es aufklart und die Temperaturen gegen minus drei Grad und tiefer fallen, werde es heikel.Die Vegetation entwickelte sich in den vergangenen Jahren tendenziell einige Tage früher als im langjährigen Mittel. Das mache Pflanzen und Blüten empfindlicher gegenüber Kaltlufteinbrüchen, mit denen im Frühjahr gerechnet werden müsse. «Dagegen lässt sich nicht viel machen», sagt Markus Hutter. Folien zu spannen wäre möglich, darauf wurde jedoch bewusst verzichtet. Die Abdeckungen wären wohl unter der Schneelast zusammengebrochen, was in der Obstanlage zu grösseren Schäden geführt hätte.Erdbeeren sind momentan kaum gefährdetAuf den Feldern des Böschenhofs in Au, wo Familie Gasser Erdbeeren und Gemüse anbaut, befinden sich die Erdbeerkulturen unter einem dünnen Vlies. Es haben sich noch praktisch keine Blüten gebildet. «Deshalb ist die Lage nicht so schlimm», sagt Florian Gasser. «Die kalten Nächte bremsen zwar das Wachstum, doch zwei Wochen später wäre ein Kälteeinbruch einschneidender.» Auch Salate und Gemüse wie Blumenkohl dürften die Wintertage im April ohne grössere Probleme überstehen. Die Schneedecke löse Nässe und Druck auf die jungen Pflanzen aus, sagt Florian Gasser. Doch sie habe auch den Effekt einer Isolation und schütze vor Frost. Beim Anbau werde ausserdem darauf geachtet, spezielle Sorten zu wählen, die der Kälte trotzen können. Die Freilandbeete der Firma Risch Gemüse am Eselschwanz in St. Margrethen waren am Dienstagnachmittag noch schneebedeckt. «Im April kann das passieren», sagt Betriebsleiter Armin Risch. Spinat, Nüsslisalat und Bundzwiebeln bleiben auf den Freilandbeeten, bis der Schnee verschwunden sein wird. «Einem Kunden musste ich heute eine Absage erteilen, er wollte Spinat», sagt Risch. Der Kunde wird sich voraussichtlich einige Tage gedulden müssen.Beim Gemüse keine Ernteausfälle befürchtet Da es gegen Ende Woche wieder milder werden soll, rechnet Armin Risch lediglich mit einer kurzen Verzögerung der Ernte, nicht jedoch mit Ernteausfällen. Gerade Spinat sei eine sehr robuste Pflanze, der diese Schneemenge kaum etwas anhaben könne, sagt Risch.Andere, bereits letzte Woche im Freiland gepflanzte Kulturen, wie zum Beispiel Salate, Blumenkohl, Broccoli, Lauch oder Fenchel befinden sich unter einer Vliesabdeckung, die die noch kleinen Pflanzen schützt. In den Gewächshäusern befinden sich unter anderem Gurken, Kohlrabi und Zucchetti. «Wären die Zucchetti jetzt schon draussen, wären sie erfroren», sagt Risch. Sie werden erst Anfang Mai ins Freiland gesetzt. Risch Gemüse kann sich auf verschiedene Absatzkanäle stützen. Beliefert werden unter anderem Quartierläden in der Region sowie Hofbetriebe, die sogenannte «Regio-Boxen» anbieten. Als Zulieferer ergänzt der Gemüseanbaubetrieb deren Sortiment. «Es muss nicht immer alles zu jeder Zeit verfügbar sein», sagt Armin Risch und wirbt damit sowohl für ein Konsumverhalten, das sich an saisonalen Verfügbarkeiten orientieren sollte, als auch um Nachsicht wegen der Ernteverzögerung, die der Aprilschnee für einige Produkte nach sich zieht. Ersten Frühspargel geerntet«Die Tunnel sind fast heikler als der Spargel selbst», sagt Simon Lässer, Geschäftsführer der Fahrmaadhof AG in Diepoldsau. Als es am Montagabend anfing zu schneien, hatte der Agronom vor allem die Schneemenge im Blick. Der Frühspargel wird durch Tunnel geschützt. Plastikfolie, die über ein Drahtgestell gespannt wird, schützt die weissen Spargeln vor der Kälte. Gibt es zu viel Schnee, können die Tunnel eingedrückt werden. Dafür reichte der Schnee vom Montagabend – die Tunnel richteten sich aber wieder auf.[caption_left: Beim Spargel wird sich die Haupternte durch den Kälteeinbruch etwas verzögern. (Bild:  Archiv/TB)]Etwa 100 bis 200 kg Spargel brachte der Fahrmaadhof Dienstagmorgen zum Verkauf. Für Simon Lässer ist das eine Kleinmenge. Durch den Kälteeinbruch, der bis Donnerstag anhalten soll, verzögert sich die Haupternte weiter. Mit Verlusten durch Frostschäden rechnet Lässer aber nicht. «Da er unter der Erde wächst, ist weisser Spargel nicht so empfindlich wie grüner Spargel», erklärt der Geschäftsführer. Die Frühernte begann in diesem Jahr zu einem Zeitpunkt wie im Vorjahr. Trotz der Ernteverzögerung geht Simon Lässer davon aus, dass Tag für Tag mehr Spargel geerntet werden kann. Durch den Anbau verschiedener Sorten weissen Spargels kann auf dem Fahrmaadhof die ganze Saison über Spargel geerntet werden.

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