21.10.2021

Anwalt verliert gegen Landwirt

Im Streit um die Lieferung einer Erntemaschine unterliegt ein Anwaltsbüro dem Bauern vor Bundesgericht.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Bis vor Bundesgericht kam die Sache. Das zuvor unterlegene Anwaltsbüro legte Beschwerde ein, aber ohne Erfolg. Der ohnehin kostspielige Streit wird nun noch teurer: Die beim Bundesgericht angefallenen Gerichtskosten von 7000 Franken hat ebenso das Anwaltsbüro zu übernehmen wie die 8000 Franken Entschädigung für den im oberen Rheintal tätigen Landwirt.Büro bezifferte den Schaden unzureichendDer Streit nahm seinen Anfang vor über einem Jahrzehnt. Damals standen das Anwaltsbüro und der Bauer auf der gleichen Seite. Weil eine Erntemaschine aus Frankreich nicht rechtzeitig geliefert wurde, klagte der Bauer mit Hilfe des Anwaltsbüros – und bekam recht. Die Lieferfirma habe ihre vertraglichen Pflichten verletzt, weshalb von ihr grundsätzlich ein Schadenersatz gefordert werden könne, lautete das Urteil.Aber ach, der vom Bauern geltend gemachte Schaden sei «nicht rechtzeitig substanziiert» (also mit Tatsachen belegt) worden, befand das Gericht. Das Versäumnis war einer früheren Mitarbeiterin des Anwaltsbüros unterlaufen.So wurden der Landwirt und seine Rechtsvertretung zu Gegnern. Der Bauer klagte (mit einem neuen Rechtsvertreter) gegen das Anwaltsbüro, von dem er einen Schadenersatz von 400000 Franken forderte.Mit bohrenden Fragen zu Auskünften drängenDer Landwirt bekam recht, das Büro zog das Urteil bis vor Bundesgericht, das nun ebenfalls im Sinne des Landwirts entschied. Vergeblich hatte das Anwaltsbüro darzulegen versucht, dass es die Sorgfaltspflicht nicht verletzt habe. Das Kantonsgericht befand, ein Anwalt habe den Klienten umfassend zu beraten und diesem die Schritte zu empfehlen, die geeignet sind, das angestrebte Ziel zu erreichen. Gemeint ist: Rechtsanwälte müssen ihre Mandanten notfalls mit bohrenden Fragen hartnäckig zu jenen Auskünften drängen, die für einen möglichst erfolgreichen Abschluss des Verfahrens nötig sind.Schadenersatz beträgt rund 400000 FrankenNach dem Entscheid des Bundesgerichts ist klar: Das Anwaltsbüro hat dem Bauern ei-nen Schadenersatz von 393000 Franken zu bezahlen, zuzüglich Zins, daneben alle angefallenen Gerichtskosten. Rechtsanwälte müssen für solche Fälle eine Haftpflichtversicherung haben. Allerdings kann der Selbstbehalt – je nach gewähltem Versicherungsvertrag – eine höhere fünfstellige Summe sein.

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