26.03.2020

Andere Trauerrituale finden

Wegen der Corona-Krise dürfen Begräbnisfeiern nur noch im engsten Familienkreis durchgeführt werden.

Von Reto Wälter
aktualisiert am 03.11.2022
Reto WälterEine Abdankungsfeier mit Treffpunkt auf dem Friedhof und dem anschliessenden Trauergottesdienst ist ein Ritual, das Menschen ermöglicht, von Verstorbenen Abschied zu nehmen. Unabhängig davon, wie nahe sie dieser Person standen oder auch wie sehr sie unter dem Verlust leiden.Durch die Pandemiesituation sind Begräbnisfeiern auf den engsten Familienkreis beschränkt. «Wir sind auf die Mithilfe der Familie angewiesen, die definieren muss, wer zu diesem Kreis gehört», sagt Raphael Molina, evangelischer Pfarrer in Altstätten. Das sei sehr wichtig, da es heute unterschiedlichste Formen des Zusammenlebens gebe.Individuelle Formen sind nun gefragtDie Frage, ob es sinnvoll ist, am traditionellen Ablauf festzuhalten und einen Trauergottesdienst für einige wenige zu feiern, lässt Molina offen. «Nun sind individuelle Lösungen gefragt. Entscheidend ist, wie die Familie dies sieht. Sie ist es, die den Verstorbenen und seine Wünsche gekannt haben», sagt Molina. Er könne sich gut vorstellen, dass sich einige wenige Personen in der grossen Kirche verloren vorkämen.Eine Möglichkeit wäre, den Gedenkgottesdienst zu einem späteren Zeitpunkt zu feiern, wenn das Versammlungsverbot aufgehoben sei. Eine Urnenbeisetzung müsse nicht sofort sein. Allerdings helfe eine Beerdigung, abzuschliessen und die Trauer zu bewältigen, um wieder vorwärtsschauen zu können. Deshalb macht es Sinn, sie zeitnah zum Tod abzuhalten. «Auch hier muss individuell ein Weg gesucht werden», sagt der Pfarrer, der als Seelsorger seine Türen für Trauernde offen hält. Auch zur Trauerbewältigung für Leute, die sich nun nicht einmal an der Beerdigung von einer geschätzten Person verabschieden können. «Die Frage ist heute aber wohl eher, ob die Trauernden die Kirche als Lösungsgeber sehen und auf mich zukommen wollen», sagt Raphael Molina, Experte von Berufes wegen.Jeder bewältigt Trauer auf seine eigene Art und WeiseWie die Trauerbewältigung angegangen werden könnte, sieht der Pfarrer wieder individuell: «Lösungen kommen mir meistens im persönlichen Gespräch in den Sinn, denn jeder geht anders mit Trauer und Verlust um. Was für den einen die Lösung ist, passt für den anderen überhaupt nicht.»Eine Idee des Pfarres ist beispielsweise, dass der Bekannte, der nicht an der Beerdigung dabei sein kann, dem Verstorbenen einen Brief schreibt. Dieser kann, je nach Wunsch, an der Abdankung vorgelesen werden. Eine weitere Idee ist, dass der Bekannte vor der Abdankung allein in die Aufbahrungshalle darf und sich so verabschieden kann.«Natürlich können solche speziellen Wünsche nur mit dem Einverständnis der Familie umgesetzt werden», erklärt Molina. Er wolle nicht, dass aufgrund der jetzigen Verhältnisse eine Art Zweiklassengesellschaft entstehe. Der Pfarrer von Evangelisch Altstätten, der letzte Woche auch ein Aufgebot als Armeeseelsorger erhielt, hat sich auf jeden Fall schnell auf die neue Situation eingestellt.Neue Situationen erfordern neue HerangehensweisenDie auch bedeutet, Gottesdienste über den Servicekanal der Gemeinschaftsantennenanlage in Altstätten zu übertragen, Konfirmationsunterricht online zu halten und auch seelsorgerisch über E-Mail und Telefon tätig zu sein.Dass über diese Kanäle nun stärker der Kontakt gesucht wird, stellte auch Roman Karrer, Pfarrer von Katholisch Altstätten, fest. Dass nun aber die althergebrachte Tradition von Abdankungsfeiern seit Anfang letzter Woche komplett neuen Bedingungen unterliegt, liess ihn einen Tag danach ratlos zurück: «Wenden Sie sich mit ihren Fragen an das Bistum. Mir bleibt momentan auch nichts anderes übrig.»

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