14.06.2019

Amore, Schlager und Elmar

Das Musical «Wochenend & Sonnenschein» feierte am Donnerstag im Diogenes-Theater eine viel umjubelte Premiere. Das Publikum war entzückt von der komödiantischen und musikalischen Darbietung.

Von Gerhard Huber
aktualisiert am 03.11.2022
Gerhard HuberNehmen wir es vorweg. Nach der Vorstellung der neuen Eigenproduktion des Diogenes-Theaters zollten die Premierenbesucher den Schauspielern und Musikern sowie der restlichen Crew einen etwa fünf Minuten dauernden stehenden Applaus. Und diese «Standing Ovations» waren mehr als verdient. Gelang es doch dieser Produktion mit ihren Protagonisten, ohne jede Geschmacksverirrung uneingeschränkten Spass und grenzenlose Fröhlichkeit zu verbreiten. Sozusagen der Kunst der Lustigkeit ohne Peinlichkeit zu frönen.Jede Pointe zündete, jeder Gag sassTrotz einer Komödie, die in Form eines Musicals mit deutschen Schlagern und Ohrwürmern Stereotypen an Plattitüden reiht und kein Klischee auslässt, ist es Regisseur Willy Hutter gelungen, mit grossartigen Laiendarstellern ein Stück bester Unterhaltung auf die Bühne zu bringen. Jeder Gag sass, jede Pointe zündete. Die ebenfalls von Willy Hutter vorgenommene Dialektbearbeitung der musikalischen Komödie von Christian Struppeck und Einbettung des Spiels in «Rhyntaler» Verhältnisse, macht die Geschichte noch ein Stück amüsanter. Und die musikalische Bearbeitung und Aktualisierung durch René Reiter brachte auch neuere Songs wie «Frauen regieren die Welt» des viel zu früh verstorbenen Roger Cicero auf das Storyboard.Vor dem minimalistischen, aber pointierten und einfallsreichen Bühnenbild von Patrick Steiger spielten, sangen und tanzten sich die Schauspieler durch eine turbulente musikalische Familienkomödie mit flotten Ur­laubsschlagern und sonstigen deutschsprachigen Klassikern aus den 50er- bis 80er-Jahren. Dominierend selbstverständlich das Lied «Wochenend und Sonnenschein» der Comedian Harmonists, das sozusagen als Anker der erzählten Geschichte diente. Der Geschichte der Familie des männlichen Oberhaupts Günther, eines Tankstellenbesitzers, der sich als typischer Provinz-Macho mitten in seiner Midlife-Crisis befindet. Und der das von Frau Elvira über zehn Jahre mühsam für einen Urlaub in der Karibik zusammengesparte Geld lieber für Elmar ausgibt. Wobei Elmar ein altes Auto ist, ein seltener Klassiker, den Günther einer alten, lieben Lady abkauft. Die freilich nicht weiss, dass die italienischen Kleinganoven Luigi und Carlo in Elmars Kofferraum die Beute eines Bankraubs versteckt hatten.Mit Auto Elmar an den GardaseeJedenfalls einigen sich Günther, Elvira, ihre Tochter Klara und die aus dem Altersheim ausgebüxte Oma Margarete, mit dem Auto Elmar an den Gardasee zu fahren. Ihnen auf den Fersen die beiden liebenswerten und italienischen Gigolo-Charme versprühenden Gauner Luigi und Carlo. Aus dieser Konstellation ergeben sich dann kuriose und überraschende Situationen. Und Vorsicht – Spoileralarm! – eines sei bereits verraten.Die in einer Autogarage im Rheintal beginnende Reise in das Italien der Siebzigerjahre, bei der etwa der Schmalzschlager «Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt» und der freche Conny Froboess-Song «Zwei kleine Italiener» nicht fehlen dürfen, endet mit der Erfüllung der Lebensträume aller Betei­ligten.Zwerchfellerschütternde DarbietungenDie Leistung der Schauspieler war grossartig. Kaum zu glauben, dass hier «nur» Laiendarsteller am Werk sind. Zwerchfellerschütternd die Darbietung von Samuel Eugster, der den italienisch radebrechenden und trotz aller Rückschläge immer wieder gut gelaunten Kleinmafiosi Carlo gab. Überzeugend spielten Franziska Zimmerli und Daniel Graber, die die aufopferungsvolle und an den Marotten ihres Mannes leidende Elvira bzw. den Autonarr Günther auf die Bühne brachten. Eine bezaubernde Darstellung sah man von Nikola Sieber als schöne und manchmal neunmalkluge Tochter Klara, die dem mit perfektem Amore-Schmalz agierenden David Eugster als Luigi in Liebe verfällt.Wirklich aussergewöhnlich war die Leistung von Oma Margarete. Bei der Seniorin Britta Lüchinger aus Balgach, die zum allerersten Mal überhaupt auf der Bühne stand, hatte man nie das Gefühl, dass sie schauspielerte, vielmehr schien es, als sei sie einfach sie selbst. Und ebenfalls wirklich aussergewöhnlich war die Gesangs- und Tanzleistung des gesamten Ensembles. Von Amateurtheater keine Spur. Sondern eine durch und durch professionelle Darbietung.Es stehen ab heute Samstag noch weitere zehn Aufführungen auf dem Programm. Karten unter www.diogenes-theater.ch oder an der Abendkasse.HinweisMehr Premieren-Bilder aufrheintaler.ch unter Bilderstrecken.

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