21.05.2019

Am Mittelaltermarkt gegautscht

Die Druckerei Rüesch AG hält an Brauchtum fest. Am Samstag, 11. Mai, wurde ein junger Berufsmann von den Sünden seiner Lehrlingszeit reingewaschen. Dazu war ein Vollbad im Rheinecker Städtli-Brunnen angesagt. Zum Gaudi der Passanten zog die Gautsch-Prozession der Rüesch-Belegschaft am Samstagmittag durchs Städtchen, lautstark begleitet von einem zünftigen Trommelmarsch. Das Opfer erhielt keine Chance zur Flucht – auf einem Leiterwagen festgebunden, wurde es zum Brunnen transportiert. Es handelte sich dabei um den Polygrafen Manuel Laube aus Bühler AR. Er steht kurz davor, seine Lehrzeit bei der Rüesch AG erfolgreich abzuschliessen. Mit dem Gautschen wurde er nun von seinen Berufskollegen und -kolleginnen vorzeitig in die Gilde der ausgelernten Schwarzkünstler aufgenommen. Vorzeitig deshalb, weil in diesem Jahr mit dem alle drei Jahre in Rheineck stattfindenden Mittelaltermarkt eine einmalige, dem Brauch des Gautschens mehr als angemessene Kulisse geboten wurde. Normalerweise wird natürlich erst gegautscht, wenn die Ergebnisse der Abschlussprüfung vorliegen. «Packt an»: Die Wassertaufe ist in der Druckindustrie eine althergebrachte Prozedur, der sich kaum ein Berufsmann oder eine Berufsfrau entziehen kann. Der Brauch wird auch im Rheinecker Druckunternehmen gerne gepflegt. So war dieses Jahr anlässlich des Mittelaltermarktes nicht nur der Gautschmeister in ein prächtiges Kostüm gekleidet, sondern auch seine Helfer und sogar der Gäutschling selbst waren historisch korrekt gewandet. Nach einer angemessenen Begrüssung der Ehrengäste und des zahlreichen Publikums, inklusive des vielstimmig vorgetragenen traditionellen Buchdruckergrusses «Gott grüss’ die Kunst!», wurde der Täufling mit den «Sünden» seiner Lehrzeit konfrontiert. Anschliessend folgte die traditionelle Proklamation des Gautschbriefes. Auf dem Brunnenrand stehend verkündete der Gautschmeister: «Wir Jünger Gutenbergs von Gottes Gnaden aus helvetischen Landen, tun hiermit jedermänniglich unserer Kunstgenossen kund und zu wissen, dass der ehrsame Jünger unserer hochedlen Buchdruckerkunst, Manuel Laube, heute die Wassertauf’ ad posteriorum erhalten wird.» Nachdem dem jungen Schwarzkünstler das Ehrenwort abgenommen wurde, dass er in Zukunft ein fleissiges und achtbares Berufsgebaren sein Eigen machen wolle, wurde er nach einem kräftigen «Packt an!» von seinen Kollegen zuerst auf einen nassen Schwamm gesetzt, mit einem Sturzbad aus dem Eimer bedacht und dann ins Wasser geworfen. Da half auch heftiger Widerstand wenig. Zum Trost für die ruppige Behandlung genoss anschliessend der Täufling zusammen mit den Zaungästen das von der Firma Rüesch AG gespendete Freibier. (pd)

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