27.06.2018

Am Golf läuft alles etwas anders

Rheintaler Unternehmer wittern gute Geschäfte in den Golfstaaten. Doch wie in der Ferne Fuss fassen, wie bewähren und langfristig Business betreiben? Eine Einführung gab der Exportdialog bei der Berhalter AG.

Von Seraina Hess
aktualisiert am 03.11.2022
Seraina HessVierzig Prozent, also schon fast die Hälfte aller Exporte des Kantons St. Gallen stammt aus unserer Region. Der Arbeitgeberverband Rheintal (AGV), die Industrie- und Handelskammer St. Gallen-Appenzell (IHK) und das Kompetenzzentrum der Schweizer Aussenwirtschaftsförderung, Switzerland Global Entreprise, bedienen mit ihrem Exportdialog offenbar keine Nische. Am Mittwochabend drehte sich bei der Berhalter AG alles um Business in den Golfstaaten – oder vor allem darum, wie es überhaupt dazu kommt, Ware langfristig abzusetzen, zumal diese gefragt ist: Katar, Saudi-Arabien, Bahrain, Kuwait, Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate sind mit einem Schweizer Exportvolumen von 7,63 Mia. Franken (2017) vergleichbar mit Österreich: Der Export ins Nachbarland umfasst etwas mehr als 8 Mia. Franken.«Inschallah» heisst stets «Nein»Weil die Regierungen der Golfstaaten stark in den Ausbau und die Diversifizierung der Wirtschaft investieren, sind Produkte und Wissen in Bereichen wie Infrastruktur, Transport Maschinenbau, Medizinaltechnik, Nahrungsmittel oder Luxusgüter besonders gefragt.Mit Ruedi Büchi von Switzerland Global Enterprise und Sarra Messaoudi vom Swiss Business Hub in Doha, Katar, gab es für die Rheintaler Unternehmer eine vereinfachte, aber nicht minder praxisnahe Anleitung, wie Geschäfte am Persischen Golf vonstatten gehen. Regel 1: Verspricht ein potenzieller Geschäftspartner oder Vermittler, einer königlichen Familie anzugehören, ist darauf kein Verlass – bei über 7000 Prinzen in Saudi-Arabien etwa kommt es schon einmal vor, dass jemand den gleichen Namen trägt. Viel besser sei, über einen anerkannten Agenten zum Kunden zu gelangen. Regel 2: Nimmt man an Messen teil, nützt es wenig, nur Visitenkarten auszutauschen; Kontakte sollen schon vorher geknüpft und weitere Treffen vereinbart werden, um Unverbindlichkeiten zu vermeiden. Regel 3: Mails und Telefonanrufe bleiben oft unbeantwortet. Ein einfacher Trick von Sarra Messaoudi: WhatsApp-Nachrichten. Meist folgt auf dem Messenger in Sekunden eine Antwort, da nicht erst die In-Box geleert werden muss. Anschliessende Telefonate und Mails, um dem Anliegen Nachdruck zu verleihen, seien hilfreich. Regel 4: Ein «Nein» wird ein Unternehmer, der in den Golfstaaten Fuss fassen will, nie zu hören bekommen. Ein dahingesagtes «Inschallah» (Deutsch: so Gott will) meint aber oft genau das, was zu Missverständnissen führt. Die Quintessenz: Am Persischen Golf läuft Business eben etwas anders als in der Schweiz.Berhalter macht es vorDass es durchaus gelingen kann, sich in der Ferne zu etablieren, zeigte die Gastgeberin, die Berhalter AG, gleich selbst im Geschäftsfeld die-cutting, der Fertigung von Hochleistungs-Stanzmaschinen und Stanzwerkzeu- gen. Um die Verbreitung von Berhalter anhand eines Beispiels in Zahlen auszudrücken: Im Tierfuttersegment (etwa Whiskas, Sheba) werden 95 Prozent der Verpackungsdeckel mit Maschinen des Familienunternehmens gestanzt. Die erste Maschine in den Golfstaaten hat die Firma vor zehn Jaren in Dubai abgesetzt. Die-cutting-Leiter Dalibor Schuman weiss aber auch: «Einen lucky Punch mit einer verkauften Maschine gibt es immer wieder – eine Region nachhaltig zu beeinflussen, braucht Zeit.» Konflikte, Marktsensibilität bezüglich Ölpreis und der nicht zu deckende Fachkräftemangel in den boomenden Staaten gehören zu den Risiken. Nicht zuletzt aufgrund der Sprachbarriere, Religion und Gepflogenheiten hat Berhalter inzwischen feste Vertriebspartner in den Golfstaaten stationiert. «Vor allem Saudi-Arabien wird künftig zu unseren wichtigsten Märkten gehören», sagte Schumann, und pflichtete damit Ruedi Büchi bei: Die Golfregion sei das «Übermorgenland».

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.