Remo ZollingerIn der Schule lernen Kinder, dass das Rohstoffvorkommen der Welt endlich ist. Besonders dramatisch ist es, wenn es ums Öl geht: Ist es im Überfluss da, läuft alles wie geschmiert. Ist das nicht mehr so, muss nach Alternativen gesucht werden.Die Autobranche hat das getan. Nicht nur wegen der schwindenden Rohstoffe, sondern auch – man ist geneigt zu sagen: vor allem – aus Umweltschutzgründen. Grün zu sein hat sich zu einem Argument für Kauf und Verkauf entwickelt, einen Platz in der Gesellschaft gefunden.Nach Hause kommen, Stecker rein, aufladenDas Elektroauto sucht diesen noch. Es ist immer noch ein Nischenprodukt, weit davon entfernt, in der Mehrheit zu sein. Zahlen belegen aber: Es werden immer mehr verkauft. Tesla hat 2017 in der Schweiz mehr Autos verkauft als je zuvor. Eine kurze Umfrage unter drei Rheintaler Garagisten zeigt: Das Interesse an Elektroautos ist da. Bei den Rheintaler Autoshows stehen Elektroautos bei vielen Garagen in der vordersten Reihe – wenn sie denn überhaupt vorhanden sind, denn nicht jede Marke ist in diesem Markt gleich stark vertreten. Wo es sie aber gibt, rühren Garagisten die Werbetrommel, potenzielle Kunden interessieren sich dafür.Bei einigen haben die Elektroautos überhaupt erst ein grünes Gewissen aktiviert. Viele sind erleichtert, ja begeistert, auch mit dem Privatauto ihr Bedürf- nis nach einem Beitrag zum Umweltschutz zu befriedigen. Andere sind neugierig, wollen an der Innovation teilhaben. Wieder andere möchten dank eines Elektroautos Geld sparen. Oft ist es wohl eine Mischung aus diesen Punkten.Es ist verlockend, nach Hause zu kommen, das Auto an den Strom anzuschliessen; andere Dinge zu erledigen, während das Auto aufgeladen wird. Am besten mit eigenem Solarstrom. Diese Vorgehensweise reinigt nicht nur das Gewissen, sondern nachweislich auch die Umwelt.Zeit, Geld, Reichweite – und endliche RohstoffeTrotz dieser Argumente: An Kritikern und Gegenargumenten fehlt’s nicht. «Wer dem Elektrofahrzeug den Vorrang gibt, muss in grossen Dimensionen denken. Die Menge der elektrischen Energie, die für den Strassenverkehr in Zukunft fliessen müsste, reicht ins Unvorstellbare», schrieb der Altstätter Max Matt dieser Zeitung in einem Leserbrief.Er schreibt auch: «Der E-Mobilität sind natürliche Grenzen gesetzt. Die Rohstoffe für die Batterien reichen nicht für alle Zeiten.» Endliche Rohstoffe sind also auch hier ein Thema – besonders Kobalt, der im Kongo teils durch Kinderhände abgebaut wird.Die hartnäckigsten Contra-Argumente finden sich im Alltag, etwa in Internetforen, wo sie gebetsmühlenartig gegen die Pro-Argumente ausgespielt werden. Auch Benzinautos seien in den letzten Jahren viel sauberer geworden. Elektroautos seien in der Anschaffung zu teuer. Es dauere zu lange, sie aufzuladen. Ihre Reichweite sei zu klein. Eine lange Reise unmöglich.Preispolitik und Systeme sind nicht einheitlichAuch darauf fand man Antworten. Und zwar nicht nur die Autobranche. Politische Gemeinden bieten kostenlose Aufladeplätze an. Auch Energiekonzerne wie die St. Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke (SAK) haben das Bedürfnis entdeckt und wollen es abdecken. Und auch bei Einkaufszentren sind Aufladeplätze zu finden. Der Gedanke dahinter: Die Ladestation könnte für Elektroautofahrer ein Argument sein, an einem bestimmten Ort einkaufen zu gehen.Ein Beispiel ist der Rheinpark, wo seit Anfang Jahr ein Ladeplatz der SAK zur Verfügung steht. Dieser liegt etwas abgelegen am Gebäude – «das hat den Vorteil, dass man ihn nicht findet», schrieb ein Leser dieser Zeitung. Der Grund dafür: Der Strom sei zu teuer. Es sei natürlich das Recht der SAK, den Preis selbst zu bestimmen («ein Bier kostet in der Beiz auch mehr als zu Hause»), doch ein Argument, im Rheinpark einkaufen zu gehen, sei die Ladestation dadurch nicht geworden.Bei der SAK heisst es auf Anfrage, die Erschliessungs- und damit die Investitionskosten können je nach Standort «beträchtlich» sein. Derzeit würden Stationen bei Hotels und Parkhäusern am meisten genutzt, von Einkaufszentren ist nicht die Rede. Dadurch kommt der jetzige Preis bei der Ladestation am Rheinpark zustande. Die SAK verweist auch auf die Evpass-App, die dem Nutzer den Weg zur Ladestation zeigt, sie sei also nicht schwierig zu finden.Der Strom kostet nicht überall gleich viel. Die Unterschiede sind dabei grösser als beim Benzin, wo der Konkurrenzdruck unter Tankstellen dazu führt, dass es überall ähnlich viel kostet. Zudem gibt es verschiedene Bezahlsysteme und Mitgliedschaften – Evpass-Mitglieder bezahlen beispielsweise weniger für den Strom als Nichtmitglieder. Häufig ist der Strom auch gratis, gerade bei Gemeinden. «Derzeit wird der junge Markt oft mit Gratisstrom unterstützt. Nach unserer Überzeugung wird dieser finanzielle Anreiz mittelfristig wegfallen», schreibt die SAK dazu.Neben den verschiedenen Bezahlmodellen verwirrt einige Einsteiger auch die unterschiedliche Stromstärke, die aus den Buchsen fliesst. Es scheint noch nicht klar genug, ob der Tankende während des Ladens nur rasch einen Kaffee trinken, seinen Wochenendeinkauf erledigen oder den ersten beiden Aktivitäten auch noch einen ausgedehnten Spaziergang folgen lassen soll. Auch darum gilt vorerst: Am besten fährt, wer zu Hause lädt.